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Informations- und Aufklärungsreihe

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Informations- und Aufklärungsreihe zu ausgewählten Natur-Schutzgütern und biologischer Vielfalt im Erzgebirgskreis 2024

Veranstaltungsrückblick 2024

Mittwoch, 7. Februar 2024 Vortrag „Mehr Artenschutz im Siedlungsraum“

Referent: Dr. Matthias Nuß (Senckenberg Museum für Tierkunde Dresden)

Zu diesen Vortrag kamen 32 Teilnehmer, die ein breites Spektrum aus interessierten Privatpersonen, Naturschutzakteuren und Mitarbeitern von Kommunen und Landkreis repräsentierten.

„Mehr Raum und Zeit für Insekten“ – unter diesem Motto steht das iNUVERSUMM-Projekt, welches Dr. Nuß zu Beginn seines Vortrages vorstellte. Es handelt sich dabei um ein sachsenweites Projekt, welches das Thema Insekten und Biodiversität im Siedlungsraum zum Inhalt hat und verschiedene Aktiviäten auf privater und kommunaler Ebene iniitiert und unterstützt. Die Projektpartner bieten Beratung und Unterstützung vor Ort an.

Lokaler Projektpartner des iNUVERSUMM-Projektes:

Frau Buchau vom Landschaftspflegeverband (LPV) „Mittleres Erzgebirge“ stellte sich als lokaler Projektpartner des iNUVERSUMM-Projektes für den Erzgebirgskreis vor. Der LPV bietet Hilfe bei der Umsetzung verschiedenen Maßnahmen an und gab einen kurzen Überblick über bestehende Fördermöglichkeiten (im privaten Garten eher begrenzt).

►Beratungskontakt:

Landschaftspflegeverband (LPV) „Mittleres Erzgebirge“ e.V.

Am Sportplatz 14, 09456 Mildenau

Claudia Buchau, Tel.: 03733 – 596770, Mail: info@lpvme.de

Dr. Nuß verwies auf die interaktiven Sachsenkarte auf der Projekt-Website, in der die verschiedenen Lebensräume für Insekten in Sachsen bzw. lokale Aktivitäten zum Insektenschutz aufgerufen werden können. Jeder kann „Sein iNUVERSUMM“ anlegen und damit das Projekt mit (Insekten)Leben füllen, indem er seinen eigenen Insektenlebensraum meldet. Dieser Eintrag, der in der interaktiven Karte verortet wird, kann mit Fotos, Blog-Einträgen und Artenlisten ergänzt werden.

Nachfolgend ging Dr. Nuß auf die Auswirkungen von Bewirtschaftungs-Änderungen auf wenig genutztem Grün in dem Kommunen ein. In der kommunalen Grünlandpflege kann eine Änderung des Mahdregimes viel bewirken: Verringerung der Schnitthäufigkeit, gestaffelte Mahden, Belassen von einzelnen Wiesenabschnitten sowie der Verzicht auf das Mulchen können einen wesentlichen Beitrag zur Artenvielfalt leisten. Dass sich die Mühen lohnen zeigte Dr. Nuß anschaulich an der Rückkehr von sehr seltenen Arten nach Extensivierung von kommunalem Grün in Dresden und Eilenburg: Stacheltragende Kegelbiene, Blaue Ehrenpreis-Sandbiene und Wegerich-Scheckenfalter sind hier beobachtet worden: „Auch seltene Arten kehren zurück“.

Naturnäheres Grün in der Siedlung ist weiterhin bedeutsam für die Abmilderungen der negativen Effekten im Zusammenhang mit dem Klimawandel (z.B. durch Temperatursenkung und Senkung der Staubbelastung). Hervorzuheben ist hier der Wert der Gehölze, insbesondere der heimischen Gehölze. Sehr eindrucksvoll war diesbezüglich die Gegenüberstellung der Anzahl Insektenarten an einheimischen sowie an gebietsfremden Gehölzgattungen. Dr. Nuss zeigte auch einige Möglichkeiten auf, wie Bürger, Kommunen und Eigentümer etwas für mehr Natur in der Stadt/ Gemeinde tun können: Pflegepatenschaften für Baumscheiben, Änderungen in Bewirtschaftungsverträgen, Fassadenbegrünung, Dachbegrünung, unverfugte Pflasterungen usw.

Hinweis für weiterführende Informationen:

Praxistipps für Wiesen, Gärten und Bäume auf der Website www.iNUVERSUMM.de

Inkl. Download-Bereich (im Aufbau)

Mittwoch, 14. Februar 2024 Vortrag „Fledermäuse an Gebäuden – heimliche Mitbewohner“

Referent: Marko Eigner (Umweltplanung Eigner Chemnitz)

Insgesamt kamen 37 Teilnehmer zu diesem Vortrag, bei dem es schwerpunktmäßig um die an Gebäuden lebenden Fledermaus-Arten im Erzgebirgskreis ging.

Diese Fledermausarten nutzen im Jahreslauf unterschiedliche Gebäudestrukturen als Quartiere. So sind Fledermäuse in Ritzen und Spalten in der Fassade, hinter Fensterläden, Holz- und Schieferverkleidungen, in Kellern, auf Dachböden usw. anzutreffen. Dabei werden alle möglichen Gebäudetypen genutzt von der Scheune über Lagerhallen bis hin zum Einfamilienhaus und Plattenbau. Oftmals bleibt ihre Anwesenheit unbemerkt.

Artnachweise an Quartieren gelingen über Kotspuren oder Sichtbeobachtung. Darüber hinaus kann man fliegende Fledermäuse mittels Detektorkontrolle, Netzfang oder Telemetrie besenderter Tiere nachweisen.

Herr Eigner stellte die imErzgebirgskreis vorkommenden Fledermaus-Arten, die Gebäudestrukturen nutzen, im Einzelnen vor. Von der kleinsten – der erst seit ein paar Jahren als eigenständige Art geführten Mückenfledermaus mit 4 g Körpergewicht (nutzt u.a. Quartiere in Außenfassaden von Gebäuden) – bis hin zur größten – der 40 g schweren „Dachbodenfledermaus“ Großes Mausohr, welche größere Wochenstuben freihängend in Dachböden bildet.

Bedeutsam für das Bergland ist auch die Nordfledermaus, zu deren Verbreitung im Erzgebirge in den letzten Jahren Untersuchungen stattfanden. Die Art hat ihren Schwerpunkt im Raum Zwönitz, Affalter, Thalheim und nutzt z.B. Gebäudespalten in Fassaden- und Kaminverkleidungen als Quartier.

Jeder Art hat ihre eigene, arttypische Ruffrequenz, die mittels Batcorder/ Detektor ermittelt und zugeordnet werden kann. So gelang es erst in neuerer Zeit, die Zwergfledermaus mit Echoortungslauten von 45 kHz von ihrer Zwillingsart, der Mückenfledermaus, die eine Endfrequenz von 55 kHz aufweist, zu unterscheiden.

Die gebäudenutzenden Fledermaus-Arten leiden zunehmen unter Quartiermangel infolge Gebäudesanierung: Ritzen und Spalten verschwinden, Lüftungsschlitze werden mit Gittern versehen usw.. Bei Bauvorhaben sind deshalb oftmals vorherige Untersuchungen (Artenschutzfachbeiträge) möglicher Fledermaus-Vorkommen erforderlich. Im Bedarfsfall müssen geeignete Ersatzquartiere geschaffen werden, z.B. Modelle zum Einbau in die Fassaden oder Spaltenquartiere in geeigneten Fledermauskästen für die Anbringung außen. Es ist eine entsprechende ökologische Baubegleitung während der Bauphase notwendig, damit es nicht zu Fehlern bei Einbau kommt. Herr Eigner hatte einige Fledermauskästen verschiedener Herstellern als Anschauungsbeispiele mitgebracht. Bei Modellen der Fa. Schwegler sind mit Lieferzeiten mit bis zu 2 Jahren zu rechnen, Modelle der Fa. Hasselfeldt sind lieferbar.

Sie möchten etwas tun für Fledermäuse?

Zusätzliche Ersatzquartiere können auch ohne konkrete Bauvorhaben und aus reinem Interesse an den Fledermäusen jederzeit von Privatleuten angeboten werden. Dabei ist auf die Spaltenbreite achten, die arttypisch verschieden ist, aber 2,5 cm nicht überschreiten sollte (einige Bauanleitungen sind diesbezüglich nicht optimal). Ein freier Anflug ist zu gewährleisten. Daneben sollte im Umfeld auf Pestizide o.ä. verzichtet werden und der Garten naturnah gestaltet sein.

Gesetzlicher Schutz der Fledermaus-Arten

Alle Fledermaus-Arten stehen im Anhang IV der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG), einige von ihnen gelten darüber hinaus als Arten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete eingerichtet werden müssen (sog. FFH-Anhang II-Arten). Im bundesdeutschen Naturschutzrecht sind Fledermäuse gemäß Artikel § 7 als „besonders“ und „streng geschützte“ Arten eingestuft.

Damit genießen Fledermäuse und ihre Lebensstätten den höchsten Schutzstatus.

Funde und Quartiere können bei der unteren Naturschutzbehörde des Erzgebirgskreises gemeldet werden. Der gesetzliche Schutz der Quartiere gilt auch, wenn diese zeitweilig nicht besetzt sind.

Weiterführende Informationen zu Fledermäusen und Fledermausschutz in Sachsen inkl. lokalen Ansprechpartner hier https://fledermausschutz-sachsen.de/

Fledermausquartiere und Sanierungsmaßnahmen an Gebäuden

Ein großer Teil der bei uns heimischen Fledermausarten sowie einige Vogelarten haben ihre Quartiere bzw. Nist- und Ruhestätten an Gebäuden. Dabei werden vor allem Spalten, Höhlungen und Nischen von unterschiedlichen Arten genutzt. Bei Sanierungen werden derartige Strukturen fast immer vollständig verschlossen, weshalb viele Arten immer weniger Quartiere bzw. Niststätten an Gebäuden finden. Dies ist ein Grund, warum viele Gebäudearten auf den Roten Listen zu finden sind und teilweise sogar als stark gefährdet gelten. Da alle heimischen Fledermäuse und Vögel nach BNatSchG geschützt sind, dürfen Quartiere und Niststätten nicht zerstört werden, weshalb bei Sanierungsmaßnahmen die geschützten Arten besonders zu berücksichtigen sind und bei Wegfall von Quartier- und Niststrukturen Ersatzmaßnahmen erforderlich werden. Dabei werden meist für die jeweilig vorkommenden Arten mit ihren speziellen Ansprüchen, Kästen als Ersatzquartiere bzw. -niststätten zur Verfügung gestellt. Hierfür sollte immer ein Artspezialist hinzugezogen werden. Natürlich kann aber auch jeder freiwillig etwas tun und Kästen am Eigenheim anbringen. Bei den folgenden Herstellern kann man geeignete Kästen und Nisthilfen aus Holzbeton finden:

https://naturschutzbedarf-strobel.de/

https://www.nistkasten-hasselfeldt.de/

https://www.schwegler-natur.de/

Wer lieber selber baut, der kann unter folgendem Link Informationen und Bauanleitungen zu Fledermausquartieren an Gebäuden finden: https://publikationen.sachsen.de/bdb/artikel/22958

Samstag, 17. Februar 2024 Vogelkundliche Wanderung „Wintergäste an der Flöha“

Exkursion Flöha/Alte Leite am 17.02.2024, 8:50 bis 12:05 Uhr

 

dt. Artname

wiss. Artname

Genauigkeit Anzahl

Anzahl

Alter/Geschlecht

1

Zaunkönig

Troglodytes troglodytes

 

3

 

2

Waldbaumläufer

Certhia familiaris

 

1

 

3

Wacholderdrossel

Turdus pilaris

>

4

 

4

Stieglitz (Distelfink)

Carduelis carduelis

>

1

 

5

Star

Sturnus vulgaris

~

25

 

6

Rotkehlchen

Erithacus rubecula

 

1

 

7

Rabenkrähe

Corvus corone

 

2

 

8

Misteldrossel

Turdus viscivorus

 

1

 

9

Mäusebussard

Buteo buteo

 

1

 

10

Kohlmeise

Parus major

>

15

 

11

Kleiber

Sitta europaea

>

25

 

12

Kernbeißer

Coccothraustes coccothraustes

>

1

 

13

Haussperling

Passer domesticus

>

3

 

14

Grünfink

Chloris chloris

~

5

 

15

Graureiher

Ardea cinerea

 

1

 

16

Gimpel (Dompfaff)

Pyrrhula pyrrhula

~

5

 

17

Gebirgsstelze (Bergstelze)

Motacilla cinerea

 

1

 

18

Gartenbaumläufer

Certhia brachydactyla

 

2

 

19

Feldsperling

Passer montanus

>

2

 

20

Feldlerche

Alauda arvensis

>

2

 

21

Erlenzeisig

Spinus spinus

>

40

 

22

Eichelhäher

Garrulus glandarius

>

2

 

23

Dohle

Coloeus monedula

>

2

 

24

Buntspecht

Dendrocopos major

>

5

 

25

Blaumeise

Cyanistes caeruleus

>

30

 

26

Amsel

Turdus merula

~

4

 

27

Misteldrossel

Turdus viscivorus

 

1

 

28

Gänsesäger

Mergus merganser

 

2

1x Männchen / 1x Weibchen

Exkursionsleiter: Udo Kolbe (Olbernhau, Verein sächsischer Ornithologen e.V.)

Bei schneefreien und stabilen Wetter kamen 24 Teilnehmer, um an der vogelkundlichen Exkursion im Flöhatal bei Blumenau teilzunehmen. Die vogelkundliche Wanderung führte uns entlang des Flöhatalweges im Bereich Naturschutzgebiet (NSG) „Alte Leite“ über das Wasserkraftwerk Kamerum bis auf Höhe Nennigmühle. Von dort entlang des Waldsaumes und später durch den Laubmischwald in Richtung Sorgau und von hier durch die Offenlandschaft um Sorgau wieder zurück zum Ausgangspunkt der Wanderung im Siedlungsbereich Blumenau.

Wir haben also ganz verschiedene Vogellebensräume durchwandert. Das schlägt sich auch in der Liste der beobachteten Vogelarten wider. Zu Beginn der vogelkundlichen Wanderung hat Exkursionsleiter Udo Kolbe die Teilnehmer schätzen lassen, wie viele Vogelarten uns wohl begegnen werden. Die allgemein geschätzten 15 Vogelarten wurden weit übertroffen: insgesamt konnten wir 28 Vogelarten der verschiedensten Habitate beobachten oder verhören (s. Liste)!

Neben zahlreichen Arten, die man im Winter typischerweise beobachten kann (z.B. Erlenzeisig, Rotkehlchen, Amsel, Baumläufer, Zaunkönig usw.) konnten wir auch 1 Paar des deutschlandweit gefährdeten Gänsesägers(Mergus merganser) auf der Flöha beobachten. Gänsesäger zählen zu den typischen Wintergästen an unseren größeren Flüssen. In den letzten Jahren verdichten sich die Hinweise, dass die Art auch versucht, bei uns zu brüten. Damit wäre sie eigentlich ganzjährig auf der Flöha zu Hause. Es wurden mehrere Gänsesäger-Nistkästen aufgehangen, um die Art bei ihren Brutversuchen zu unterstützen.

Darüber hinaus konnten wir die Gebirgsstelze(Motacilla cinerea) beobachten, auch ein typischer Bewohner erzgebirgischer Bäche und Flüsse. Den Graureiher (Ardea cinerea), der hier ebenfalls seinen Lebensraum hat, konnten wir leider nur als Rupfung nachweisen. Der abgebissene Federkiel verwies auf Fuchs oder Fischotter(Lutra lutra) als Beutegreifer. Letzterer ist als eine Art der Anhänge der EU-FFH-Richtlinie sowie im Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt und mittlerweile auch an der Flöha verbreitet. Nicht beobachten konnten wir die typischen gewässerbewohnenden Vogelarten Eisvogel, Wasseramsel und Kormoran.

An einer Fischaufstiegshilfe („Fischtreppe“) an einem großen Wehr wurde auf die Notwendigkeit der Durchlässigkeit für wandernde Gewässerbewohner hingewiesen. Daneben wurde die Bedeutung des Exkursionsgebietes als EU-Schutzgebiete hervorgehoben: das Flöhatal ist nicht nur Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet 251 „Flöhatal“) sondern auch EU-Vogelschutzgebiet (SPA-Gebiet 69 „Flöhatal“). Das Flöhatal ist damit wesentlicher Bestandteil des grenzübergreifenden, EU-weiten Schutzgebietsnetzes Natura 2000.

Das Flöhatal nördliche Blumenau mit seinen naturnahen Hainsimsen-Buchenwäldern sowie edellaubholzreichen Schlucht- und Hangmischwäldern ist bereits seit 1961 Naturschutzgebiet: NSG „Alte Leite“. NSG sind deutsche Landesschutzgebiete, unterliegen also sächsischem Naturschutzrecht. Durch die steile Hanglage konnte sich ein hoher Totholzanteil im Gebiet halten. Udo Kolbe machte auf den besonderen Wert des Totholzes nicht nur für die Vogelwelt aufmerksam. Moose und Flechten besiedeln Totholzstrukturen, Baumhöhlen sind wichtig für zahlreiche höhlenbewohnende Vogelarten und ihre „Nachmieter“ (Insekten, Kleinsäuger usw.).

Im Gebiet gibt es auch einige offene Feldbildungen, die vermutlich Horstplatz unserer größten Eule, des Uhus (Bubo bubo) sind. Wo genau der Nist-Standort ist kann auf Grund der steilen Hanglage nicht ausfindig gemacht werden – ideale Bedingungen für ungestörtes Brüten. Die Vormittagsstunden zählen nicht zu den Aktivitätszeiträumen des Uhus, sodass wir seinen „Buho“-Ruf nicht vernehmen konnten. Der Uhu ist Art der EU-Vogelschutzrichtlinie.

Ab Nennigmühle verlief der Wanderweg entlang eines strukturierten Waldsaumes, der nicht nur einen harmonischen Übergang zwischen Wald und Offenland bildet, sondern auch Lebensraum, Nistplatz und Nahrungsangebot für zahlreiche Tierarten ist.

Im Offenlandbereich um Sorgau haben wir dann noch weitere interessante Vogelarten beobachten können. Udo Kolbe zeigte uns u.a. Feldsperling (Passer montanus), Feldlerche (Alauda arvensis), Star (Sturnus vulgaris) und Dohle (Coloeus monedula), die als ehemals häufige Bewohner der Landwirtschafts- und Siedlungsgebiete heute teilweise in der Roten Listen/ Vorwarnlisten der Vögel Sachsens und Deutschlands gelistet sind.

Auf der Exkursion wurden uns von Udo Kolbe, einem Gebiets- und Artenkenner, sehr kurzweilig typische Vogelarten der verschiedenen Lebensräume/ Habitate im Flöhatal vorgestellt, die man auch im (ausgehenden) Winter gut beobachten oder verhören kann. Vielleicht bleibt dem einen oder anderen Teilnehmer durch die unterhaltsamen Geschichten zu den Arten („…zum Nahrungsspektrum des Uhus gehören auch gefährdete Arten wie Schwarzstorch und Wanderfalke…“) ein Teil davon in dauerhafter Erinnerung.

Weiterführende Informationen:

Natura 2000, FFH- und SPA-Gebieten in Sachsen

https://www.natura2000.sachsen.de/

Rote Liste Brutvögel Deutschland 2021:

https://www.dda-web.de/voegel/rote-liste-brutvoegel

Rote Liste Wirbeltiere Sachsen 2015:

https://www.natur.sachsen.de/download/natur/RL_WirbeltiereSN_Tab_20160407_final.pdf

Dienstag, 27. Februar 2024 Vortrag „Wildtier Wolf – Interessantes zur Biologie und Lebensweise“

Referent: Ingolf Wehner (Referent der Umweltbildungsstelle Wolf in Rietschen, zuständig für den Erzgebirgskreis)

Zu diesen interessanten Vortrag hätten wir uns mehr Teilnehmer gewünscht. Inhaltlicher Schwerpunkt war die Biologie des Wildtieres Wolf – Ökologie, Management und Konflikte.

Der Wolf (Canis lupus) - Stammvater unserer Haushunde - galt vor 200 Jahren bei uns als ausgerottet. Die sächsischen Wölfe wanderten Ende der 1990er/ Anfang der 2000er Jahre aus Polen wieder zu uns ein.

Gemäß der EU-Entscheidung vom 27.2.2024 (dem Tag unseres Vortrages!) bleibt der Wolf vorerst auch weiter „streng geschützt“ – eine Entscheidung über eine Lockerung des Schutzstatus wurde verschoben.

Die sächsischen Wolfvorkommen bestanden im Monitoringjahr 2022/ 23 aus 38 Rudeln, 4 Paaren und 2 territorialen Einzeltieren. In 33 von diesen 44 Territorien gab es Nachwuchs: mindestens 129 Welpen wurden geboren.

Deutschlandweit gab es in diesem Zeitraum 184 Rudel mit 634 Welpen. Es ist eine hohe Rudeldichte nordöstlich der Linie Dresden, Leipzig, Hannover, Bremen festzustellen. In Deutschland beträgt die von der Nahrungsdichte abhängige Territoriumgröße 150-350 km2; in Skandinavien über 1000 km2.

Der Vortragsreferent Ingolf Wehner stellte als Umweltbildungsreferent der Fachstelle Wolf Interessantes zur Lebensweise des Wolfes vor: Paarungszeit, Tragzeit, Rudelgröße, Wanderbewegungen, Jagdstrategien usw. So besteht ein Wolfsrudel im Herbst aus 7-13 Tieren. Am Senckenberg Museum werden Nahrungsanalysen durchgeführt, die gezeigt haben, dass je nach Wolfsterritorium in veränderlichen Anteilen hauptsächlich Reh, Rothirsch, Damhirsch, Wildschwein, Hasenartige und auch Nutztiere zum Nahrungsspektrum gehören. Manche Rudel werden zu regionalen Nahrungsspezialisten: in der Königsbrücker Heide fressen sie Biber!

Herr Wehner stellte die Trittsiegel/ Spuren des Wolfes im Vergleich zu anderen größeren Raubtieren (Fuchs, Goldschakal) und Haushund vor. Bei einer Spurendokumentation sind immer mehrere Fotos vom Standort und seiner Umgebung und Größenvergleich notwendig. Die wolfstypische Spur ist der geschnürte Trab. Losung (Kot) ist mindestens 20 cm lang, enthält oftmals Haare und Knochenanteile und wird auch oft mitten auf einem Weg/ Pfad abgesetzt. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturkunde untersucht alle bundesweit anfallenden Proben für ein genetisches Monitoring. So konnte man u.a. feststellen, dass es in Deutschland keinen erhöhten Haushund-Anteil im Wolfsgenom gibt. Zwischen 2000 und 2019 gab es 3 bekannte Wolf-Hund-Verpaarungen; sie sind also eine Ausnahme.

Die Wölfe haben eine hohe Welpen-Sterblichkeit im 1. Jahr. Andere natürliche Todesursachen sind Krankheiten (Räude, Staupe, Parvovirose, Pseudowut) und innerartliche Konkurrenz (Revierverteidigung). Eine nicht unerhebliche Anzahl wird im Straßenverkehr getötet.

Auch wenn das Wildtier Wolf Thema des Vortrages war, so muss am Ende doch auch das „Problemtier“ Wolf genannt sein, eine menschliche Klassifizierung. Wolf und Mensch - ein fassettenreiches Thema. Trotz einer steigenden Anzahl an Wolfsterritorien bleibt die durchschnittliche Anzahl an Haus/Nutztier-Übergriffen pro Territorium auf vergleichbarem Level. Die Zahl der geschädigten Nutztiere stieg hingegen zuletzt 2022 in Sachsen deutlich an. Präventionsmaßnahmen waren nicht Gegenstand des Vortrages.

Und ist der Wolf für den Menschen gefährlich? Übergriffe sind (weltweit) sehr selten und geschehen immer unter speziellen Umständen: die Tiere haben Tollwut (Deutschland ist tollwutfrei!), wurden in die Enge getrieben oder wurden konditioniert durch Anfüttern, haben also ihre Scheu verloren. Bei einer Begegnung mit dem Menschen ziehen sich die Wölfe normalerweise zurück, nicht fluchtartig, sondern davontrabend. In Deutschland verhalten sie sich dem Menschen gegenüber argwöhnisch, aber nicht übermäßig scheu.

Hinweis für weiterführende Informationen:

https://www.wolf.sachsen.de/index.html

Freitag 15. März 2024 Vortrag und naturkundliche Exkursion „Lebensräume für Erdkröte, Grasfrosch & Co. richtig gestalten"

Referent: Tim Buchau (Naturschutzzentrum Erzgebirge gGmbH)

Ziel der Veranstaltung war, die Teilnehmer darüber zu informieren, wie man auf dem eigenen Grundstück, im eigenen Garten Lebensräume für Amphibien schaffen kann, die wirklich sinnvoll sind. In einem Plastikteichbecken kann sicherlich auch einmal ein Grasfrosch vorbeischauen, aber richtig angenommen als geeigneten Lebensraum wird dieser sicherlich nicht.

Zu Beginn des Vortrages ging Tim Buchau auf die interessanten Lebenszyklen der Amphibien sowie auf die vielgestaltigen Ansprüche an die Lebensräume in den verschiedenen Entwicklungsstadien ein. Auch die vielfältigen Gefahren bei der Wanderung von den Landlebensräumen zu den Laichgewässern („Amphibienwanderung“) wurden geschildert. Im Folgenden wurden die strukturellen Bedingungen geeigneter Laichgewässer vorgestellt: unterschiedliche Wassertiefen, abwechslungsreiche Uferzone einschließlich Uferbewuchs. Neben den Laichgewässern spielen aber auch die Landlebensräume, in den die meisten Amphibien den Großteil ihres Lebens verbringen, eine wichtige Rolle. Hier wurde u.a. die verschiedenen Versteckmöglichkeiten (z.B. Stein-, Laub- und Asthaufen, Komposthaufen) vorgestellt, die auch für die Überwinterung interessant sein können.

Zum Schluss des Vortrages wurde auf die Neuanlage naturnaher Kleingewässer eingegangen, insbesondere auf die Gestaltung der Uferzone, auf die Beachtung einer wirksamen Kapillarsperre (um ein „Auslaufen“ zu verhindern), auf die Verwendung geeigneter Teichfolie (EPDM-Kautschukfolie) und auf die geeignete Pflanzenauswahl für die einzelnen Teichzonen.

Bevor die Teilnehmer die auf dem Gelände des Naturschutzzentrums angelegten Gewässer in Vorort in Augenschein nahmen, stellte der Referent noch die an einem der Teiche durchgeführten Renaturierungsmaßnahmen vor.

- Den Inhalt des Vortrages finden Sie hier als Pdf-Datei zum Download: Lebensraum für Grasfrosch & Co. richtig gestalten.

- Weiterführende Informationen zur Anlage eine naturnahen Gartenteiches für Amphibien u.a. Wasserbewohner erhalten Sie z.B. hier: https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/grundlagen/elemente/31216.html

Mittwoch, 20. März 2024 Vogelkundliche Wanderung „Abendexkursion ins Reich der Eulen"

Die Einladung zur Exkursion ins Reich der Eulen im Preßnitztal zwischen Steinbach und Schmalzgrube stieß auf sehr großes Interesse. Trotz der außergewöhnlich hohen Teilnehmerzahl kann man von einer gelungenen Veranstaltung sprechen. Exkursionsleiter Stefan Siegel vom Naturschutzzentrum Erzgebirge stellte die typischen Lebensräume der Eulen-Arten im Kerbtal der Preßnitz, gelegen im oberen Erzgebirge, vor. Der Hangwald mit seinen teilweise alten Baumbeständen bietet durch Höhlenreichtum viele potenzielle Brutplätze für Eulen. Von den Höhlen profitieren auch andere Vogelarten wie die Hohltaube (Columba coenas), aber auch zahlreiche Fledermausarten finden hier ein geeignetes Quartier.

Die Teilnehmer verhielten sich ruhig und umsichtig auf den Wanderwegen Richtung Sommerstein, sodass die Balz- und Revierrufe von Uhu (Bubo bubo) und Waldkauz (Strix aluco) vernommen werden konnten. Der Uhu, unsere größte heimische Eule, bevorzugt felsdurchragte Gebiete, denn er nistet gern auf Felsvorsprüngen. Er findet im Preßnitztal demzufolgte geeignete Brutplätze vor. Der Waldkauz ist in seinen Ansprüchen flexibler. Anders als es sein Name vermuten lässt kommt er z.B. auch in Parks mit alten Baumbestand vor.

Der dämmerungsaktive Sperlingskauz (Glaucidium passerinum) ließ leider nichts von sich hören. Die wiederum kleinste Eule hierzulande nutzt die Dämmerungsstunden, weil sie sonst aufgrund ihrer geringen Größe leicht selbst zur Beute der größeren nachtaktiven Eulen werden kann. Weiterhin kommt noch der Raufußkauz (Aegolius funereus) im Preßnitztal vor, allerdings in anderen Talabschnitten.

Uhu, Raufußkauz, Sperlingskauz und Schwarzspecht sind wertgebende Vogelarten des Vogelschutzgebietes „Erzgebirgskamm bei Satzung“, zu dem auch das Exkursionsgebiet zählt. Hier können Sie sich über das Vogelschutzgebiet informieren: https://www.natura2000.sachsen.de/71-erzgebirgskamm-bei-satzung-35873.html

Mittwoch, 17. April 2024 Vogelkundliche Wanderung „Die Vogelwelt am Rastplatz Niederer Halsbach bei Dorfchemnitz/ Zwönitz“

Exkursionsleiter: Joachim Wolle (Zwönitz, Verein sächsischer Ornithologen e.V.)

Zu Beginn dieser Exkursion zog eine Wetterfront heran, die ergiebige Regenfälle, durchmischt mit Schneeflocken, brachte. Die Teilnehmer der Exkursion mussten sich in ihre Autos zurückziehen. Mit 40minütiger Verspätung starteten wir dann Richtung Niederer Halsbach, welcher sich als Biotopinsel inmitten einer intensiv genutzten Agrarlandschaft vor uns auftat. Exkursionsleiter Joachim Wolle machte auf die entsprechenden negativen Auswirkungen aufmerksam: Stoffeinträge, verinselte Lage in ausgeräumter Landschaft, umgeben von zahlreichen Hochspannungsleitungen. Neuere Entwicklungen sehen im direkten Umfeld auch Windkraftanlagen mit einer Höhe von 200 m vor, welche dem Rastgebiet sicherlich abträglich sein werden.

Aktuell ist das Gebiet ein wichtiges Rastgebiet für Zugvögel, nicht zuletzt gerade wegen dieser Insellage, da sich im Umfeld kaum andere geeignete Strukturen bieten. Kommen Zugvögel aus dem Süden über den Höhenzug des Erzgebirges mit der Geyerischen Platte finden sie hier aufgrund der offenen Gewässer- und Saumstrukturen geeignete Rastmöglichkeiten, bevor sie ins Hügel- und Tiefland Richtung Stollberg und Chemnitz weiterziehen.

Der Exkursionstermin musste im Nachhinein eher als ungünstig eingestuft werden (was im Vorfeld aber nicht planbar war). Nach der vorangegangenen, langanhaltenden, fast sommerlichen Wetterperiode ist das Zugverhalten aktuell nicht so ausgeprägt: einstellige Temperaturen, Regenfälle, Schneeregen und Wind sind ungünstige Ausgangsbedingungen für entsprechende Vogel-Beobachtungen. Ein Großteil der Zugvögel dürfte schon weitergezogen sein, andere sind noch nicht angekommen. Darunter auch am Halsbach beheimateten Brutvögel wie die Rohrsänger. Entsprechend „mager“ war die Zahl der bei der Exkursion beobachteten Vogelarten. Es dominierten Stockenten und die gebietsfremde Nilgans.

Joachim Wolle erklärte den Teilnehmer sehr anschaulich die Entwicklung des Gebietes vom landwirtschaftlichen Rückhaltebecken in DDR-Zeiten hin zu einem naturnahen, strukturierten Gewässer von überregionaler Bedeutung als Rastplatz für Zugvögel. Die Naturschutzeinrichtungen der Landkreise (früher STL heute ERZ) haben zahlreiche Anstrengungen unternommen, um das Gebiet aufzuwerten: weitere Gewässeranlagen, Biotopgestaltungen, Renaturierungen und Extensivierungen wurden realisiert. Es wurden neue Gewässer angelegt, Inseln modelliert, Kopfweiden, abschirmende Gehölze und Hecken gepflanzt, Steinhaufen angelegt und Wiesen extensiv gemäht. Durch gezieltes Wassermanagement wird dafür gesorgt, dass schadstoffbelastetes Bachwasser gefiltert wird und die Teiche und Tümpel heute auch als Amphibienlaichgewässer fungieren können.

Das Gebiet des Niederen Halsbaches ist heute mit den Flächennaturdenkmalen (FND) „Niederer Halsbach“ und „Staubecken Niederer Halsbach“ geschützt. Das Naturschutzzentrum Erzgebirge mit seiner Außenstelle Zwönitz kümmert sich auch weiterhin um dessen naturschutzgerechte Pflege: regelmäßiger Kopfweiden-Schnitt, Wiesenmahd und auch Gehölzpflege ganz allgemein, damit der halboffene Charakter erhalten bleibt.

Der Fischotter ist im Gebiet aktiv, wir konnten einen entsprechenden Fischotterwechsel im Gelände ausmachen. Dieser interessiert sich eher für die Fische in den Gewässern, die trotz Aufgabe jeglicher fischereilicher Nutzung in den Teichen vorhanden sind. Als Nahrungsopportunist frisst er allerdings alles, was er erbeuten kann. Das können natürlich auch Amphibien oder kleine Wasservögel sein. Damit ist er aber Teil der natürlichen Nahrungskette im Feuchtgebiet.

Leider wird der Bruterfolg der ansässigen Brutvögel aber getrübt durch die Anwesenheit von weiteren Prädatoren, darunter die gebietsfremden Neozoen Mink und Waschbär (beide invasiv) sowie Marderhund (potenziell invasiv), welche z.B. die Gelege räubern oder Jungvögel dezimieren.

►Hier können Sie sich über gebietsfremde und invasive Tier- und Pflanzenarten informieren:

https://neobiota.bfn.de

Darüber hinaus wird das Feuchtgebiet am Niederen Halsbach durch vielerlei Begängnis, durch Spaziergänger, Reiter, freilaufende Hunde aber auch durch Naturfotografen beeinträchtigt. Diese wirken sich störend aus, zumal es keine wegemäßige Erschließung des Gebietes gibt. Zwar gibt es eingangs eine informative Tafel und eine ordnungsgemäße Beschilderung der Schutzgebiete, aber da scheint Erholungsuchende, Gassigänger und „Naturfreunde“ nicht abzuhalten. Hier ist keine Lösung in Sicht.

Fazit: das im Rahmen von Naturschutzmaßnahmen abwechslungsreich gestaltete Feuchtgebiet am Niederen Halsbach bietet für viele Arten geeigneten Lebensraum und ist darüber hinaus wertvolles Rastgebiet für Zugvögel. Ob dieses kleinräumige Schutzgebiet aber perspektivisch ausreichend für das Fortbestehen der Arten ist, ist mit Blick auf den allerorts zu beklagenden Artenrückgang mehr als ungewiss.

Artenliste Exkursion "Rastplatz Niederer Halsbach Zwönitz" 17.04.2024, 17.45-19.15 Uhr nach Starkregen mit Schnee, 3° C

dt. Artname

wiss. Artname

Anzahl

1

Amsel

(Turdus merula)

 

2

Blessralle

(Fulica atra)

 

3

Elster

(Pica pica)

 

4

Feldlerche

(Alauda arvensis)

 

5

Goldammer

(Emberiza citrinella)

 

6

Kohlmeise

(Parus major)

 

7

Mönchgrasmücke

(Sylvia atricapilla)

 

8

Nilgans

(Alopochen aegyptiaca)

zahlreich, auch auf umgebenden Feldern

9

Rabenkrähe

(Corvus corone)

 

10

Stockente

(Anas platyrhynchos)

zahlreich

11

Zilpzalp

(Phylloscopus collybita)

 
Samstag, 27. April 2024 Vogelkundliche Wanderung „Die Vogelwelt in der Heckenlandschaft am Pöhlberg“

Exkursionsleiter: Stefan Siegel (Naturschutzzentrum Erzgebirge gGmbH)

Die vogelkundliche Exkursion zur Vogelwelt in der Heckenlandschaft am Pöhlberg startete um 7.30 Uhr. Exkursionsleiter Stefan Siegel vom Naturschutzzentrum Erzgebirge erläuterte den Teilnehmern, warum sich das zeitige Aufstehen für Vogelbeobachter lohnt. Die Morgenstunden gelten als eine gute Zeit für Vogelbeobachtung und zum Lauschen der Vogelstimmen. Herr Siegel gab eingangs auch einige Literaturempfehlungen, die man zur Vogelbestimmung nutzen sollte (z.B. mit gezeichneten Abbildungen). Neben der Vogel-Beobachtung mittels Fernglas ist auch das Gehör ist wichtig, denn oftmals hört man die Vögel nur! Vogelbestimmung ist mit ein wenig Übung anhand der Lautäußerungen möglich und zulässig. Hilfreich sind dabei heutzutage verschiedene Apps fürs smartphone, z.B. die kostenfreie App birdNET, entwickelt von der Technischen Universität Chemnitz, die weltweit ca. 3000 Vogelarten erkennt.

- Weiterführende Infos unter: https://www.tu-chemnitz.de/informatik/mi/birdnet.php

Zu Demonstrationszwecken kann man im Gelände Vogelstimmen auch über sog. Klangattrappen abspielen. Dies sollte aber verantwortungsbewusst geschehen, ohne die Revierinhaber in der angestammten Vogelwelt in unnötigen Stress zu versetzen. Stefan Siegel erklärte vor Beginn der Wanderung auch noch die verschiedenen Typen von Vogel-Lautäußerungen, z.B. verschiedene Gesänge und Rufe.

Die morgendliche Vogelstimmenwanderung begann am sog. Pöhlbergrundweg. Obwohl es recht kalt und zugig war, konnten die Teilnehmer sich am beeindruckenden Ausblick vom Pöhlbergsüdhang am Flächennaturdenkmal (FND) „Pöhlbergalm“ in Richtung Erzgebirgskamm erfreuen: Fichtel- und Keilberg teilweise noch mit Schnee und im Vordergrund bereits blühender Raps. Leider war die schöne Kirschblüte infolge der zurückliegenden Nachttemperaturen erfroren.

Neben dem FND „Pöhlbergalm“ (am Südhang) sind am Pöhlberg 2 weitere Flächennaturdenkmale ausgewiesen: das FND „Ehemaliger Basaltsteinbruch des Pöhlberges“ (im Westen) (auf google maps fälschlicherweise als Butterfässer bezeichnet) und das FND „Butterfässer des Pöhlberges“ (im Norden). Eine Infotafel am Pöhlbergrundweg gibt darüber hinaus Informationen zum europäischen Vogelschutzgebiet (sog. SPA-Gebiet) „Mittelgebirgslandschaft östlich Annaberg“: Als wertgebende Vogelarten sind Wendehals, Neuntöter, Eisvogel und Rotmilan auf der Tafel vorgestellt. Leider konnten wir nur den Rotmilan im Laufe der Exkursion beobachten. Früher gab es im Vogelschutzgebiet auch noch Vorkommen der seltenen Sperbergrasmücke. Diese kommt nun schon seit geraumer Zeit nicht mehr in unserer Region vor. Aber es sind andere Grasmücken-Arten im Gebiet ansässig: z. B. für Mönchs- und Gartengrasmücke stellte Herr Siegel die verschiedenen Habitat-Ansprüche sowie die jeweiligen Gesänge/ Rufe vor.

Mit den Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebieten „Pöhlbachtal“ und „Mittelerzgebirgische Basaltberge“ sind 2 weitere europaweit bedeutsamen Schutzgebiete im Exkursionsgebiet vertreten.

Im Laufe der Wanderung konnten wir eine Vielzahl an Vogelstimmen verhören. Stefan Siegel stellt die jeweiligen markanten Gesangsmerkmale und auch Verwechslungsmöglichkeiten vor, z. B. die Unterschiede zwischen Winter- und Sommergoldhähnchen oder zwischen Blau- und Kohlmeise u.v.a.

Beringungsdaten geben uns Auskunft über Wanderbewegungen und Vogelzug. So konnte man z.B. feststellen, dass „unsere“ Meisen im Winter häufig nach Südfrankreich ziehen, wohingegen nordische Meisen bei uns überwintern. Weitere interessante Informationen erfolgten zum Unterschied zwischen Schachtel- und Zweitbrut. Unsere Route verlief weiter durch den blockschuttreichen Wald am Pöhlberg-Südhang mit Waldmeister und Silberblatt im Unterwuchs. Beim Abstieg Pöhlberg-Osthang Richtung Skihütte konnten wir den Singflug des Baumpiepers beobachten.

Auf Höhe Besucherbergwerk St. Briccius sind wir auf den sog. Kirschblütenweg eingebogen. Leider setzte in diesem Jahr die Kirschblüte mehrere Wochen früher ein, was ihr nun zum Verhängnis wurde: die meisten Blüten waren in der Vorwoche erfroren. Mit Blick auf dem am gegenüberliegenden Hang befindlichen Melzergrund (auch Paradies genannt) wurde auf die vielgestaltigen Probleme bei der Umsetzung von Natura 2000 hingewiesen. Oftmals sich räumlich überlagernde FFH- und SPA-Gebiete erfordern intensive Abstimmung lokaler Akteure und deren guten Willen - die Unterstützung seitens Politik und Ämtern ist eher zurückhaltend. Das sog. Prinzip der Freiwilligkeit als alleiniges Instrument bei der Umsetzung von Natura 2000 ist zu hinterfragen. Verschiedene schwebende Vertragsverletzungsverfahren der EU wegen unzureichender Umsetzung von Natura 2000 in Deutschland zeigt die Defizite deutlich auf.

- Hier können Sie sich über Natura 2000 in Sachsen informieren: https://www.natura2000.sachsen.de/

- Einen informativen Film über Natura 2000 können Sie hier bei YouTube anschauen: https://www.youtube.com/watch?v=KZL3rUxDu-I&list=PLouPT0Qs67pDzDsmTDasvtDwD-Stv_EyC&index=9

Auch hier, im unmittelbaren Heckenbereich, konnten wir leider weder Feldlerche noch Neuntöter hören oder sehen. Letzterer ist eine wertgebende Vogelart der Hecken, die in stachel- bzw. dornenbewerten Wildrosen und Weißdornen gerne brütet. Um Hecken langfristig zu erhalten, ist in größeren Abständen eine Heckenverjüngung angebracht, wobei bei der Heckenpflege im Idealfall abschnittsweise vorgegangen werden sollte. Ein wichtiger Akteur im Bereich Heckenpflege ist der Landschaftspflegeverband „Mittleres Erzgebirge“ e. V.. Bei ca. 250 laufende Kilometer Hecke im Altkreis Annaberg gibt es hier viel zu tun…

Stefan Siegel machte randlich noch mit den Methoden der standardisierte Arterfassung von Vögeln, z.B. im Zusammenhang mit Windkraft-Vorhaben bekannt: artabhängige gibt es festgelegte Erfassungszeiträume und festgelegte Methodenstandards, die eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse gewährleisten sollen.

Über Pöhlbergsiedlung und Stadtwald gelangten wir zurück zum Parkplatz am Steinbruch. Insgesamt haben die Teilnehmer der morgendlichen Vogelstimmen-Wanderung 31 Vogelarten verhört und/ oder gesehen (s. Liste).

Exkursion Heckenlandschaft am Pöhlberg am 27.04.2024, 7:30 bis 11:15 Uhr

 

dt. Artname

wiss. Artname

1

Amsel

Turdus merula

2

Baumpieper

Anthus trivialis

3

Blaumeise

Cyanistes caeruleus

4

Buchfink

Fringilla coelebs

5

Buntspecht

Dendrocopos major

6

Eichelhäher

Garrulus glandarius

7

Erlenzeisig

Spinus spinus

8

Fichtenkreuzschnabel

Loxia curvirostra

9

Gimpel

Pyrrhula pyrrhula

10

Goldammer

Emberiza citrinella

11

Grünfink

Chloris chloris

12

Heckenbraunelle

Prunella modularis

13

Kernbeißer

Coccothraustes coccothraustes

14

Kleiber

Sitta europaea

15

Kohlmeise

Parus major

16

Kolkrabe

Corvus corax

17

Mäusebussard

Buteo buteo

18

Mönchsgrasmücke

Sylvia atricapilla

19

Ringeltaube

Columba palumbus

20

Rotkehlchen

Erithacus rubecula

21

Rotmilan

Milvus milvus

22

Singdrossel

Turdus philomelos

23

Sommergoldhähnchen

Regulus ignicapillus

24

Star

Sturnus vulgaris

25

Tannenmeise

Parus ater

26

Turmfalke

Falco tinnunculus

27

Wacholderdrossel

Turdus pilaris

28

Waldbaumläufer

Certhia familiaris

29

Wintergoldhähnchen

Regulus regulus

30

Zaunkönig

Troglodytes troglodytes

31

Zilpzalp

Phylloscopus collybita

Dienstag, 21. Mai 2024 Vortrag „Der Feuersalamander in Sachsen - Verbreitung, Bestandssituation und Gefährdungen unseres größten heimischen Schwanzlurches"

Referent: Andreas Püwert (Brand-Erbisdorf)

Zu Beginn des Vortrages ging Herr Püwert auf die Kulturgeschichte des Feuersalamanders ein. Insbesondere auf die Assoziation des Tieres mit Feuer, was ihm seinen Namen einbrachte. Verschiedener Aberglaube (das Tier sei feuerfest, kann Feuer löschen und dergleichen) hielt sich lange und war nicht immer zum Vorteil für den Salamander. Entsprechend häufig ist er auch auf künstlerischen Darstellungen präsent bis hin zum Feuersalamander-Relief auf (Feuer-)Glocken.

Danach ging der Referent auf die weltweite Verbreitung der verschiedenen Arten bzw. Unterarten ein. Hierzulande kommen der Gefleckte Feuersalamander (Salamandra salamandra salamandra), der Gestreifte Feuersalamander (S. s. terrestris) sowie Mischformen vor. Der deutsche Name bezieht sich auf die Form der gelben Flecken der Tiere, die individuell sind und anhand derer man einzelne Individuen (wieder)erkennen kann.

Nachweismethoden sind z.B. Larvensuche (z.B. in Bächen) und Suche nach erwachsenen Tieren in den Primärhabitaten. Dazu zählen z.B. kühlfeuchte Laub(misch)wälder. Nach Aussage des Referenten „…ist ein gutes Salamanderhabitat ein Ort, an dem es keinen Handyempfang gibt“. Es zeigt sich eine gewisse Salamander-Vorliebe für Efeu. Auch Trockenmauern, Brunnen, alte Bergwerksstollen oder auch Holzstapel können (Winter)Quartiere des Feuersalamanders sein.

Gute Zeitpunkte für Beobachtungen sind der späte Nachmittag bei Regen oder nachts (bei Regen); die Temperaturen sollten über 10 °C liegen. Es gibt auch Populationen/ Tiere, die tagsüber und auch bei höheren Temperaturen unterwegs sind. Bei uns sind die Tiere nicht ausschließlich nachtaktiv. Eine gute und gesunde Population enthält alle Entwicklungsstadien – von der Larve bis zum Alttier. Ein großes Feuersalamander-Vorkommen befindet sich z.B. am Tiefen Graben bei Augustusburg.

Es gibt viele bemerkenswerte Fakten zum Feuersalamander, so z. B. dass die Weibchen Sperminen und verschiedene Larvenstadien in ihrem Körper aufweisen können. Oder dass sie ein für Fressfeinde giftiges Hautsekret bilden können. Dies scheint insbesondere im Schwanz- und Kopfbereich enthalten zu sein, denn die wenigen Fressfeinde (z.B. Wildschweine, Waschbär) lassen diese Körperteile oftmals übrig. Beim Menschen versursacht das Sekret u.U. ein Brennen auf der Haut oder in den Schleimhäuten, bei empfindlichen Personen auch weitere Symptome.

Eine große aktuelle Gefahr geht vom sog. BSAL-Pilz aus, der Hautläsionen verursacht, an denen ganze Populationen innerhalb einer Woche aussterben können. Der BSAL-Pilz (Batrachochytrium salamandrivorans, aus Asien stammend) wurde über Terrarien eingeschleppt. In den stark betroffenen Niederlanden hat nur 1 % der Feuersalamander überlebt; die Population baut sich gerade wieder langsam auf. Da die einzelnen Populationen in Sachsen weit verstreut liegen, besteht die Hoffnung, dass im lokalen Infektionsfall ein Übergreifen vermieden werden kann.

- Bei entsprechenden Verdachtsbeobachtungen melden Sie diese bitte unverzüglich der zuständigen unteren Naturschutzbehörde; für den Erzgebirgskreis: E-Mail naturschutz@kreis-erz.de oder Tel. 03735 601 6100 (genauer Standortangabe notwendig; Foto von Vorteil)

- Hier Bilder, wie eine Infektion mit BSAL aussehen kann: https://amphibienschutz.org/salamanderpest/

Auch der Feuersalamander wandert zwischen Laubwald und Laichgewässer, was auch problematisch werden kann (Verkehrstod). Weitere Gefährdungen sind Gewässerverschmutzung, Forstfahrzeuge (Harvester) und Klimawandel (Zunahme Trockenheit, Austrocknung Gewässer usw.). In letzterem sieht der Referent die Hauptgefährdungsursache. Man beobachtet, dass die Feuersalamander zunehmend ihre Hauptlaichzeit vom Mai aus vorverlegen (Winterlaichen) und hier bereits Anpassungserscheinungen auftreten. Überhaupt scheint der Feuersalamander erfreulicherweise eine gewisse Plastizität (schnelle Anpassungsfähigkeit) zu haben, und auch seine Langlebigkeit (25 Jahre) hilft zu überleben. Weitere Anpassungen ist eine zunehmende Nutzung anthropogener unterirdischer Strukturen (Stollen, Brunnenfassungen, gefasste Quellen) oder die Nutzung von Stillgewässern als Laichgewässer (weniger von Austrocknung betroffen).

Schutzmaßnahmen für den Feuersalamander sind z.B. Schutz von Wanderkorridoren (Beschilderung), Verzicht auf Gewässerausbau, Renaturierung von Habitaten, amphibiengerechte Sanierung von Mauern und Brunnenfassungen und nicht zuletzt die Betreuung der bekannten Populationen inkl. Öffentlichkeitsarbeit zum Salamanderschutz.

Die zwei Stunden Vortrag von Herrn Andreas Püwert waren gefüllt mit einer hohen Informationsdichte. Sein Vater und er sind überregional für den Schutz der gefährdeten Art unterwegs. Im Laufe der vielen Jahre aktiver Salamanderschutz haben sie sich eine Fülle an Wissen und praktischen Erfahrungen angeeignet, an dem sie uns mit dem Vortrag teil haben gelassen.

  • copyright Andreas Püwert

  • copyright Andreas Püwert

  • copyright Andreas Püwert

Zusammenstellung von Referent Andreas Püwert (Brand-Erbisdorf)

Der Feuersalamander

Erste Fossilienfunde von Vorfahren heutiger Feuersalamander in Sibirien bezeugen deren Existenz bereits vor 168 Millionen Jahren. Weiter Funde wie in Bernstein erhaltene Tiere, Petroglyphen und Felszeichnungen geben frühe Hinweise zu Vorkommen dieser Amphibiengruppe. Eine erste wissenschaftliche Betrachtung erfolgte von Aristoteles, welcher dem Wissenstand seiner Zeit den Feuersalamander „als im Feuer lebend“ beschrieb. Bis in die aktuelle Zeit setzt sich die Kombination aus konkreten Wissen und Spekulation über den Feuersalamander fort.

Die Gruppe der Feuersalamander bewohnt neben Europa, Teile von Asien und das nördliche Afrika. Durch Feldforschung und Molekularbiologie hat sich die Kenntnis zu Arten und Unterarten in den letzten Jahren deutlich verbessert. Aktuell werden fünf Alpensalamander, drei Vorderasiatische Feuersalamander, drei Nordafrikanische und vierzehn europäische Arten oder Unterarten anerkannt. Dabei unterscheiden sich die einzelnen Vorkommen teilweise deutlich in der Lebensweise.

Eine Präferenz für die Besiedelung von Gebieten mit Vorkommen von Efeu (Hedera helix) und Buchenarten (Fagus spec.) ist signifikant. Wichtige Erkenntnisse zur Lebensweise, Vorkommen und Populationsökologie sind Terrarianern und Feldherpetologen zu verdanken. So ist über die Fortpflanzung der Art, Kletterverhalten, Tagesverstecke und Biotopansprüche in den letzten Jahrzehnten viel publiziert worden.

In Sachsen stößt der Feuersalamander an seine nordöstliche Verbreitungsgrenze. Diese ist neben topographischen Verhältnissen besonders auf den verstärkten Einfluss kontinentalen Klimas zurückzuführen. Natürliche Schwankungen mit entsprechenden Vorrücken oder Zurückweichen der Art sind völlig normal.

Ein Lebensraumverlust, verbunden mit der Verringerung von Populationsgrößen und dem örtlichen Verschwinden ist in Sachsen mindestens seit den 1970er Jahren erkennbar. Deutlich negativ wirkt sich die Intensivierung der Landnutzung und der Klimawandel aus. Die Vorkommen des Feuersalamanders im sächsischen Hügelland beginnen sich aufzulösen. In den nächsten Jahrzehnten wird auch im Mittelgebirgsraum ein Verlust an Populationsgröße und weiterer Isolation der Vorkommen erwartet.

Die Vorkommen in Sachsen sind meist auf kleine oder mittlere Vorkommen beschränkt. Große Populationen befinden sich noch im Tharandter Wald oder an der Zschopau. Im Erzgebirgskreis sind zusammenhängende Populationen beispielsweise um die Region Aue bekannt. Es laufen derzeit unterschiedliche Artenschutzprojekte, Erfassungen und Programme. Die einzelnen Verbände und Privatpersonen sind dabei gut vernetzt, so dass sich der Erkenntnisgewinn und entsprechende praktische Artenschutzmaßnahmen positiv auswirken. Aktuelle Gefährdungen für die Art sind neben dem zunehmenden Verkehr, Prädatoren wie der Waschbär, der weitere Lebensraumverlust und der Klimawandel. Der gefährliche Chytridpilz (Batrachochytrium salamandrivorans) ist in Sachsen glücklicherweise noch nicht dokumentiert worden. Durch ihn sind lokal in Belgien, den Niederlanden und in Nordrheinwestfalen Populationen ausgestorben oder fast erloschen.

Dienstag, 28. Mai 2024 Vortrag und abendlicher Fledermaus-Netzfang „Fledermaus-Abend"

Marko Eigner: Vortrag „Fledermäuse – Bedrohte Jäger der Nacht“, Detektorbegehung und Fledermausnetzfang

Caroline Schulze, Falco Eigner und Marko Eigner: Fledermausnetzfang mit Datenerhebung

Am 28. Mai 2024 fand im Naturschutzzentrum Erzgebirge ein Fledermaus-Abend statt, welcher vom Büro Umweltplanung Marko Eigner durchgeführt wurde. Der Einladung folgten 24 Interessierte aus der Umgebung.

Begonnen wurde der Fachabend mit einem Vortrag zur Lebensweise, zu Habitaten und Quartieren der heimischen Fledermausarten. Weltweit gibt es ca. 1.115 Fledermausarten. Fast alle europäischen Arten sind Insektenfresser. In Sachsen kommen von den deutschlandweit 25, 22 Arten vor. Die kleinsten Arten sind Mücken- und Zwergfledermaus sowie die größte das Große Mausohr.

Die Knochenstruktur der Flügel von Fledermäusen sind ähnlich dem des menschlichen Arms aufgebaut, sie fliegen also mit ihren Händen. Fledermäuse sind in den verschiedensten Habitaten, wie zum Beispiel Wälder, Dörfer, Städte, Streuobstwiesen, Gebirge und in vielen mehr zu finden. Da es im Winter keine Nahrung gibt, halten Fledermäuse Winterschlaf. In den Sommermonaten ziehen die Weibchen in sogenannten Wochenstuben gemeinsam ihre Jungtiere auf. Jedes Jahr werden dieselben Quartiere aufgesucht, weshalb der Quartierschutz sehr wichtig ist. Auch unter den Fledermäusen gibt es ziehende Arten, die ähnlich Zugvögeln zwischen Winter- und Sommerquartier wechseln und dabei teils mehrere hundert Kilometer zurücklegen. Durch Fledermäuse werden Gebäude, Bäume, aber auch Kästen sowie andere Arten von Quartieren, wie z. B. Bergwerksstollen und natürliche Felsstrukturen, genutzt. Im Sommer wird zwischen gebäude- sowie baumbewohnenden Arten unterschieden. Die Überwinterung erfolgt ober- oder unterirdisch.

Alle in Deutschland vorkommenden Arten sind gesetzlich geschützt (FFH-Richtlinie, BNatSchG). Deshalb gilt: Fledermäuse töten oder deren Quartiere zerstören, ist strafbar!

Fledermäuse sind unterschiedlichsten Gefahren ausgesetzt. Gefährdungen bestehen beispielsweise durch Quartierzerstörung (Sanierung, Abriss von Gebäuden, Aufbruch von Quartieren, Baumfällungen), die Energiewende (Windkraft, Photovoltaik), Straßenbau/ Verkehr sowie verschiedenste (natürliche) Feinde (Waschbären, Ratten, Marder, Eulen). Auch durch Insektenschutzmittel, Katzen, Lebensraumverlust sowie das Insektensterben sind Fledermäuse in Gefahr.

Am Ende des Vortrages wurden einzelne Arten, die im Erzgebirge vorkommen, vorgestellt. Im Besonderem wurde etwas über die Nordfledermaus (Eptesicus nilssonii) als typischste Erzgebirgsart erzählt. Im Erzgebirge hat die Art einen bedeutenden Verbreitungsschwerpunkt innerhalb Deutschlands. Als eine Art der Top-50-Liste der landesbedeutsamen Arten in Sachsen, hat das Erzgebirge somit eine hohe Verantwortlichkeit für den Erhalt der deutschen Population.

Im Anschluss an den Vortrag wurde eine Detektorbegehung sowie ein Fledermaus-Netzfang an den Teichen des Naturschutzzentrums durchgeführt. Es wurden insgesamt 12 Tiere in 6 Arten gefangen. In der folgenden Tabelle sind die Ergebnisse zu finden:

Art deutsch

Art wissenschaftlich

Fangergebnis

Zwergfledermaus

Pipistrellus pipistrellus

1 Männchen, 1 Weibchen (gravid)

Braunes Langohr

Plecotus auritus

1 Männchen, 1 Weibchen (gravid)

Wasserfledermaus

Myotis daubentonii

5 Männchen

Große Bartfledermaus

Myotis mystacinus

1 Männchen

Kleine Bartfledermaus

Myotis brandtii

1 Männchen

Fransenfledermaus

Myotis nattereri

1 Weibchen (gravid)

Mittwoch, 12. Juni 2024 Naturkundliche Wanderung „Die Bergwiesen um Carlsfeld - Artenreichtum mit Pflegebedarf"

Exkursionsleiterinnen: Antje Blohm, Ines Schürer (Naturschutzzentrum Erzgebirge gGmbH)

Zur Hauptblütezeit der meisten Bergwiesen-Pflanzen starteten wir unsere Exkursion auf dem Wander- und Skiparkplatz am Ortseingang Carsfeld (von Wildenthal kommend). Etwas erhöht von der Parkplatzfläche konnte man sich einen sehr guten Überblick über das Flächennaturdenkmal (FND) „Torfstichwiesen Carlsfeld“ verschaffen. Dieses FND und seine Umgebung werden seit mehreren Jahrzehnten vom Naturschutzzentrum Erzgebirge und seinen Vorläufereinrichtungen gepflegt. Die Naturschutzpflege erfolgt dabei über eine einschürige Wiesenmahd mit Beräumung im Herbst. „Einschürig“ bedeutet einmalige Mahd pro Jahr. Das entspricht der früher üblichen Wiesennutzung in den Höhenlagen des Erzgebirges. Die im Vergleich zum Tief- und Hügelland späte Mahd im September (teilweise je nach Witterung auch Anfang Oktober) ist für Nasswiesen und moorige Standorte durchaus angemessen: früher mäht man erst die ertragreicheren Heuwiesen, um dann später im Jahr die Nass- und Sumpfwiesen als Stalleinstreu zu nutzen.

Frau Blohm stellte die Verfahren und Mähgeräte vor, die auf der Fläche zum Einsatz kommen. Es wurde insbesondere auf die beschwerliche Beräumung der nassen und schweren Biomasse hingewiesen. Ein personeller und körperlich anstrengender Aufwand, der aber durch den Erfolg der Pflegemaßnahmen kompensiert wird: auf den Flächen wachsen hunderte sehr kräftige, purpurfarbene Breitblättrige Knabenkräuter (Dactylorhiza majalis). Aber nicht nur die auffälligen Arten sind von Bedeutung, auch weitere botanische Kostbarkeiten wie das Sumpf- und Wald-Läusekraut (Pedicularis sylvatica et palustris), Echte Arnika (Arnica montana), Moor-Klee (Trifolium spadiceum) oder Quendel-Kreuzblümchen (Polygala serpyllifolia) u. v. a. konnten sich etablieren, ihre Bestände sich stabilisieren und vermehren.

Frau Schürer stellte das Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiet „Erzgebirgskamm am Kleinen Kranichsee“ vor und wies darauf hin, dass sich durch die langjährige Naturschutzwiesenpflege europaweit bedeutsame Lebensräume erhalten und entwickeln konnten: die besonders schutzwürdigen Feuchten Borstgrasrasen, ein Lebensraumtyp, der EU-weit als prioritär eingestuft wird. Der FFH-Gebietsbetreuer Dr. Gerhard Gruner gab einen kurzen Abriss zur historischen Nutzung der offenen Wiesenbereiche um Carlsfeld.

- Informationen zum FFH-Gebiet „Erzgebirgskamm am Großen Kranichsee“ erhalten Sie hier: 16E Erzgebirgskamm am Großen Kranichsee - Natura 2000 - sachsen.de

Weiter auf dem Ackerweg konnten entlang des Weges blütenbunte Bergwiesen bestaunt werden. Wald-Storchschnabel (Geranium sylvaticum), Verschiedenblättrige Kratzdistel (Cirsium heterophyllum), Wiesen-Schlangenknöterich (Bistorta officinalis) - im Volksmund „Zahberschtl“ genannt - sind nur eine kleine Auswahl an Arten, die am Exkursionstag in voller Blüte standen. Diese Wiesen werden einschürig von einem Landwirt gemäht und beräumt. Ein Großteil der oberhalb des Ackerweges gelegenen Grünländer sind zwar als EU-Lebensraumtyp Berg-Mähwiese erfasst, werden aber aktuell beweidet (Rinder und Pferde), sind also Weiden.

Am Rastplatz wurde eine Informationstafel in Augenschein genommen, die das EU-Vogelschutzgebiet (SPA-Gebiet) „Westerzgebirge“ behandelt. Der SPA-Gebietsbetreuer Michael Thoß stellt kurz die wertgebenden Vogelarten vor und verwies auch auf den derzeit gravierenden Rückgang der Wiesenbrüter im Gebiet. Das Braunkehlchen konnte nicht mehr nachgewiesen werde, andere Arten haben starke Rückgänge der Brutpaare zu verzeichnen. Auch der Wachtelkönig wurde in diesem Jahr noch nicht gehört. Die Ursachen sind vielgestaltig und können auch in den Überwinterungs- und Zuggebieten liegen.

- Weiterführende Informationen zum SPA-Gebiet „Westerzgebirge“ erhalten Sie hier: 77 Westerzgebirge - Natura 2000 - sachsen.de

Als nächstes konnten mit dem Flächennaturdenkmal (FND) „Moorhang Carlsfeld“ wiederum Naturschutz-Wiesenmahdflächen des Naturschutzzentrum Erzgebirge in Augenschein genommen werden. Ein extrem blütenbuntes, arten- und strukturreiches Schutzgebiet, bestehend aus einem eng verzahnten Mosaik aus Bergwiesen, Borstgrasrasen und torfmoosreichen Moorstellen. Dieses Mosaik bringt einen sehr bunten Blühsapekt hervor. Neben den bereits genannten Arten treten hier Bärwurz (Meum athamanticum), Perücken-Flockenblume (Centaurea pseudophrygia), Kleiner Klappertopf (Rhinanthus minor), Ährige Teufelskralle (Phyteuma spicatum) Gewöhnlicher Teufelsabbiss (Succisa pratensis) und auch Rundblättriger Sonnentau (Drosera rotundifolia) in den Moorstellen auf. Da wir die Flächen nicht betreten konnten, zeigt Frau Schürer entsprechende Fotoaufnahmen von den wertgebenden Pflanzenarten.

Über den ehemals „höchstgelegenen Sportplatz der DDR“ ging es dann zurück zum Ausgangspunkt.

Am Parkplatz treten größere Bestände der Vielblättrigen Lupine (Lupinus polyphyllos) auf, einem invasiven Neophyt aus Nordamerika, welcher sich in schutzwürdigen Wiesenbereichen ausbreitet und sehr aufwändig bekämpft werden muss (Ausstechen mittels Wurzelstecher und thermische Entsorgung). Warum diese von Vielen als attraktive Staude geschätzte Pflanze problematisch werden kann erfahren Sie in einem Flyer des Naturschutzzentrum Erzgebirge.

- Link zum Download Lupine-Flyer „Stauden-Lupine - Blickfang und Problempflanze“:

Downloads (naturschutzzentrum-erzgebirge.de)

Freitag, 14. Juni 2024 Moorkundlicher Spaziergang „Moore im Erzgebirge – Lebensraum für seltene Pflanzen"

Exkursionsleiterin: Anke Haupt, Fachberaterin Naturpark „Erzgebirge/ Vogtland“

Seit den 1990er Jahren gibt es im Gebiet der Stengelhaide (bei Marienberg, OT Kühnhaide) Bemühungen zum Erhalt des Moores bzw. zur Renaturierung der Moorflächen, z.B. seitens des Naturparkes „Erzgebirge/ Vogtland“ und des Staatsbetriebes Sachsenforst. Die Exkursionsleiterin ist als Fachberaterin des Naturparkes bestens vertraut mit den örtlichen Gegebenheiten, kennt das Wassereinzugsgebiet, die Wasserströme und misst auch regelmäßig die Wasserstände an festgelegten Kontrollpunkten. Als erstes erfuhren die Teilnehmenden Wissenswertes über die Entstehung und das Alter der Stengelhaide. Als Nutzung wurde der Torfabbau durch Bewohner umliegender Ortschaften hervorgehoben, denn Holz sammeln im Wald war verboten und der Torf wurde für Heizzwecke benötigt. Damit einher ging die Entwässerung des Moores, beginnend seit dem 17. Jahrhundert bis in die 1990er Jahre. Das braun gefärbte Wasser, welches an Gewässern im Gebiet zu beobachten ist, entsteht durch Huminstoffe, die im Moor entstehen. In einem entwässerten Moor werden durch Niederschläge verstärkt diese Huminstoffe ausgewaschen. Das kann Probleme bei der Trinkwasserbereitstellung machen. Private Brunnen im Ort zapfen tiefer liegende Wasserschichten für die Brauchwassernutzung an.

Entlang des Lehrpfades sind verschiedene Zwergsträucher ausgebildet, darunter die moortypische Moor-Heidelbeere, auch Rauschbeere (Vaccinium uliginosum). Der „Rausch“ (rauschartige Erregung, Erbrechen, Pupillenerweiterung und Schwindelgefühl) ist auf schmarotzende Schlauchpilze (Monilinia megalospora), die sich auf der Beeren-Oberfläche befinden, zurückzuführen. Diese können, müssen aber nicht vorhanden sein (man sieht es nicht!); vom Verzehr wird abgeraten. Die Pflanze ist eine wichtige Raupenfutterpflanze für den seltenen und geschützten Hochmoorgelbling (Colias palaeno).

Torfmoose (Sphagnum div. spec.) spielen eine Schlüsselrolle bei der Moorentstehung. Der Prozess der Torfbildung ist bei einem Lehrpfadelement gut erläutert dargestellt. „Ohne Moos nicht los“ im Moor.

Weitere typische Moorarten sind z.B. die Gewöhnliche Moosbeere (Vaccinium oxycoccus), das Scheiden-Wollgras (Eriophorum vaginatum) und die Moor-Birke (Betula pubescens). Auch Kreuzotter (Vipera berus) und verschiedene Libellenarten sind im Lebensraum Moor mit etwas Glück zu beobachten. Informationen zu den Arten sind entlang des Moorlehrpfades zu bekommen.

Die Stengelhaide ist Teil des europäischen Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebietes „Mothäuser Heide“. In diesem sind u.a. die Lebensraumtypen Lebendes Hochmoor, Regenerierbares Hochmoor, Birken-Moorwald, Bergkiefern-Moorwald und Fichten-Moorwald geschützt.

- Weiterführende Informationen zum FFH-Gebiet 7E „Mothäuser Haide“:

7E Mothäuser Heide - Natura 2000 - sachsen.de

In der Stengelhaide befindet sich im Umfeld des Aussichtsturmes eine Fläche mit Regenerierbarem Hochmoor auf einem bis 1990 zur Abtorfung genutzten Restmoorkörper. 1992 wurden in den offenen Bereiches des abgetorften Moores mit Berg-Kiefern gepflanzt. Das benachbart gelegene Torfwerk Reitzenhain (bis 1990) stellt heute Holzkohle her.

Trockenheit durch fehlende Niederschläge ist allgemein ein großes Problem für Moore. Auch im Exkursionsgebiet relativiert fehlendes Wasser die verschiedenen bislang durch Naturpark und Sachsenforst durchgeführten Revitalsierungsmaßnahmen (u.a. Bau von Stauen in ableitenden Gräben).

Es kam die Frage zu den möglicherweise im Moor konservierten Objekten auf. Bedeutendstes Fundstück ist ein 2er Joch für ein Rindergespann, welches heute in einem Museum bestaunt werden kann. Moorleichen wurden noch nicht gefunden. Bei denen handelt es sich andernorts zumeist um Straftäter, die im Moor versenkt wurden oder auch um Opfergaben. Dabei mussten diese beschwert werden, weil der Mensch aufgrund seiner Dichte eigentlich im Moor nicht untergeht.

- Youtube-Link Terra X plus „Kann man im Moor versinken?“: https://www.youtube.com/watch?v=22lLg9LoizI

Donnerstag, 18. Juli 2024 Naturkundliche Wanderung „Natura 2000 und seine Umsetzung im Zechengrund Oberwiesenthal"

Exkursionsleiter: Stefan Siegel, Ines Schürer (Naturschutzzentrum Erzgebirge gGmbH)

Für diese sommerliche Wanderung durch den Zechengrund bei Oberwiesenthal haben wir uns am Grenzübergang nach Tschechien getroffen, um über die Alte Poststraße in das Exkursionsgebiet zu gelangen. Herr Siegel machte eingangs darauf aufmerksam, dass das Fichtelberggebiet noch Vorkommen der stark gefährdeten Kreuzotter (Vipera berus) aufweist. Das Reptil des Jahres 2024 findet mit Schachtdeckeln und anderen Objekten hier sonnige Liegeplätze vor.

- Weitere Informationen zur Kreuzotter erhalten Sie in einem Flyer des Naturschutzzentrums, den Sie hier downloaden können: https://www.naturschutzzentrum-erzgebirge.de/aktuelles/presse-_-medien/flyer-naturschutz-im-erzgebirgskreis/

Frau Schürer stellt einen großen Bestand der Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea) vor, die eigentlich eine Art des Tief- und Hügellandes ist und zunehmend die höheren Lagen besiedelt. Im Fichtelberggebiet ist sie nun bis in die höchsten Kammlagen auf über 1000 Höhenmeter vorgedrungen (klimabedingter Florenwandel). Die Insekten haben diese Pflanze freudig angenommen. Am Eingang des Zechengrundes stellte Frau Schürer die Schutzgebietskulisse in der Region Oberwiesenthal vor: hier überlappen sich mit unterschiedlichen Abgrenzungen das Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiet 71E „Fichtelbergwiesen“, das EU-Vogelschutzgebiet 73 „Fichtelberggebiet“ sowie das sächsische Naturschutzgebiet (NSG) „Fichtelberg“. Der Zechengrund wurde bereits Anfang der 1960er Jahre als eigenständiges NSG „Zechengrund“ ausgewiesen. Heute ist er Teil des großräumigen NSG „Fichtelberg“, zu dem auch der Fichtelberg-Südhang, der Schönjungferngrund und die Schilfwiesen-/ Börnerwiesen-Flächen gehören. Bereits 1912 gab es erste Flächenkäufe des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz e.V., um hier naturschutzgerecht zu wirtschaften.

Im europäischen Schutzgebiet FFH-Gebiet „Fichtelbergwiesen“ sind im Bereich Zechengrund die Berg-Mähwiesen, Borstgrasrasen, Trockenen Heiden, subalpinen Feuchten Hochstaudenfluren und die Montanen Fichtenwälder als bedeutsame Lebensraumtypen geschützt.

Das Besondere am Fichtelberggebiet ist, dass hier in der Flora hochmontane bis subalpine Arten (zumeist Kaltzeitrelikte und Kaltzeitzeugen) letzte Refugien vorfinden. Herr Siegel stellte zudem auch einige bemerkenswerte (teilweise mittlerweile ehemalige) Vogelarten des Gebietes vor, darunter die Ringdrossel (Turdus torquatus), das Birkhuhn (Tetrao tetrix) und den Karmingimpel (Carpodacus erythrinus). Weitere typische Vogelarten des Gebietes sind Tannenhäher, Fichtenkreuzschnabel, Baumpieper u.a.

- Hier finden Sie nähere Informationen zum FFH-Gebiet „Fichtelbergwiesen“:

https://www.natura2000.sachsen.de/71e-fichtelbergwiesen-34661.html

- Hier finden Sie nähere Informationen zum Vogelschutzgebiet „Fichtelberggebiet“:

https://www.natura2000.sachsen.de/73-fichtelberggebiet-35845.html

Herr Siegel stellt einige Naturschutz-Maßnahmen vor, die das Naturschutzzentrum Erzgebirge zum Erhalt und zur Förderung der wertgebenden Offenlandlebensräume durchführt. Um eine zunehmende Beschattung der Wiesen und Heiden durch aufwachsende Fichten zu verhindern, die mit einem Rückgang der lichtliebenden, seltenen und gefährdeten Arten verbunden wäre, wurden zurückliegend mehrere, teilweise sehr große Einzelfichten und Fichtengruppen gefällt (Fichten-Entnahme). Eine Infotafel an der Zechengrundhütte informiert die Besucher und Wanderer über diese notwendige Maßnahme. Die Beräumung des Holzes stellt infolge der Hanglage eine besondere logistische und organisatorische Herausforderung dar. Ein weiteres Problem - nicht nur hier im Zechengrund - stellt die Zunahme der Vielblättrigen Lupine (Lupinus polyphyllus) dar. Auch wird das Naturschutzzentrum aktiv, indem es in mühevoller Handarbeit mittels Wurzelstecher versucht, die Bestände des invasiven Neophyten im Schutzgebiet einzudämmen.

- Umfassende Informationen zur Lupine-Problematik erhalten Sie in einem Lupine-Flyer des NSZ, welchen Sie hier downloaden können: https://www.naturschutzzentrum-erzgebirge.de/wirueberuns/service/downloads/index.html

Im Verlauf der naturkundlichen Wanderung stellte Frau Schürer verschiedene Pflanzen der Bergwiesen und Borstgrasrasen vor, darunter Alpen-Weißzüngel (Pseudorchis albida), Echte Arnika (Arnica montana), Perücken-Flockenblume (Centaurea pseudophrygia), Bärwurz (Meum athamanticum), Verschiedenblättrige Kratzdistel (Cirsium heterophyllum), Ährige Teufelskralle (Phyteuma spicatum), Gewöhnliches Zittergras (erzgebirgisch „Herzl-Gras“) (Briza media) u.a. Zudem wurde auf deren Bedeutung für zahlreiche Insekten hingewiesen. Wildbienen, Schmetterlinge, Schwebfliegen – sie alle sind auf die Blüten als Nektar- oder Pollenquelle angewiesen. Eine schöne Beobachtung am Wiesenrand war die Paarung von fünffleckigen Widderchen (Zygaena spec., wahrscheinlich Z. trifolii oder Z. lonicera), eines tagaktiven Nachtalters, der laut Bundesartenschutzverordnung besonders geschützt ist.

Mit Bedauern mussten Pfade zu Standorten der vom Aussterben bedrohten Feuer-Lilie (Lilium bulbiferum) festgestellt werden. Manchen „Naturfreund“ schreckt leider kein Betretungsverbot in Schutzgebieten. Wiederholt musste festgestellt werden, dass sehr seltene, unscheinbare Pflanzen dabei übersehen und niedergetrampelt werden.

Auf Höhe der 1000 m-Marke waren bereits die ersten Flächen an der Poststraße gemäht. Das Mahdgut lag noch auf den Flächen, um ein Aussamen der Pflanzen und das Abwandern der wiesenbewohnenden Tiere zu gewährleisten. Herr Siegel stellte den zeitlichen und organisatorischen Ablauf der Naturschutz-Wiesenmahd vor. Dabei sollte auch das Wetter mitspielen, was es nicht in jedem Jahr tut. Die sehr steile Hanglage macht an vielen Stellen im Zechengrund eine Mahd der unteren Hangabschnitte schlicht unmöglich. Auch in den Mähflächen in den Oberhangbereichen an der Poststraße ist die Wiesenmahd auf Grund der Hangneigung nur mit besonderer Erschwernis durchführbar. Als Mahdgeräte kommen im Zechengrund Gebirgsmäher mit Doppelmessermähwerk (einem kleinen Traktor ähnlich) und handgeführte Balkenmäher zu Einsatz. Doppelmessermähbalken gelten als insektenschonender als die üblichen Rotationsmähwerke. Staffelmahd, tagesweises Belassen des Mähgutes auf der Fläche (s. o.) oder Belassen von kleinen ungemähten Bereichen sind Naturschutzmaßnahmen, die dem Aussamen der Pflanzen und Abwandern der Tiere dienen sollen. Nach der Mahd kommt das Beräumen der Flächen vom Mahdgut. Auch hier lässt die steile Hanglage lediglich ein aufwändiges händisches Beräumen zu, ggf. ist auf geeigneten Flächen auch ein Bandrechen im Einsatz. Unterstützung bekommen die Landschaftspfleger des Naturschutzzentrums durch das NABU-Ökocamp. Seit über 3 Jahrzehnten werden hier Jugendliche in den Ferien im Bergwiesenschutz aktiv und helfen bei der Beräumung des Mahdgutes.

An der 1000 Höhenmeter-Marke folgten wir dem Naturlehrpfad und stiegen in den Grund ab. In den bachbegleitenden subalpinen Hochstaudenfluren sind Wald- und (arktisch-alpiner) Gebirgs-Frauenfarn (Athyrium filix-femina, A. distendifolium), (alpin-subalpiner) Alpen-Milchlattich (Cicerbita alpina), (alpin-subalpiner) Platanenblättriger Hahnenfuß (Ranunculus platanifolius) usw.. Ehemals sporadisch in Einzelexemplaren vorkommende sehr seltene Arten wie Quirlblättriges Weidenröschen (Epilobium alpestre) oder der Stengelumfassende Knotenfuß (Streptopus amplexifolius) sind vermutlich verschollen – Gebietskenner berichten von der Abwesenheit der Arten. Möglicherweise auch ein Effekt im klimabedingten Florenwanders, der einer gründlicheren floristischen Untersuchung bedarf.

Entlang des Pöhlbaches, der die Staatsgrenze zur Tschechischen Republik markiert, kann man gut sehen, warum das Gebiet „Zechengrund“ heißt: Zeugen mittelalterlichen Bergbaus sind allgegenwärtig (Halden, Trichterbingen, Gräben usw.).

Untere Steilhänge mit extremer Hanglage werden an einigen Stellen vom BUND mit der Handsense gemäht.

Entlang des neuen Haus-Gründels erfolgte Aufstieg zur Poststraße. Hier klang die Exkursion aus.

Donnerstag, 1. August 2024 Naturkundliche Wanderung „Die Bergwiesen um Rübenau"

Exkursionsleiter:

Annette Hübner (Lebensräume verbinden - Naturschutzgroßprojekt Erzgebirgskreis)

Kay Meister (Verein Miriquidica e.V. Rübenau)

Rübenau empfing uns mit einem heftigen Regenguss, aber das Wetter hatte ein Einsehen mit uns und kurz nach Beginn der Veranstaltung konnten wir unsere Schirme wieder zusammenklappen. Am Treffpunkt auf dem Dorfplatz gegenüber der Rübenauer Kirche konnten wir einen Blick auf eine zweisprachige Infotafel zum „Erzgebirgischen Naturlehrpfad Rübenau“ werfen. Kay Meister erklärte kurz die Entstehungsgeschichte des deutsch-tschechischen Lehrpfades in der größten Streusiedlung Sachsens. Hier gibt es sie noch, die kräuterreichen und bunten Bergwiesen, ganz oft in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Häusern. Entlang des Naturlehrpfades kann man auf verschiedenen Stationen erfahren, welche vielfältige Rolle früher die Bergwiesenpflanzen im Leben der ortsansässigen Bevölkerung gespielt haben. Gerade heute ist es wichtig, diesen Schatz zu bewahren und zu pflegen. Annette Hübner stellte deshalb das Naturschutzgroßprojekt Erzgebirgskreis vor, welches nicht nur Bergwiesen sondern auch Feuchtwiesen und Moor erhalten und entwickeln soll.

Am ersten Halt bekam man gleich einen Eindruck vermittelt, wie vielfältig und oftmals auch kleinräumig die Wiesennutzungen in Rübenau sind. Die kleinbäuerliche Nutzung ist heute zwar allgemein rückläufig, aber man kann hier noch verschiedene Tierhaltungsformen (Rinder, Schafe, Ziegen, Pferde, Gänse, Hühner) sehen. In der Kammlage war die bäuerliche Nutzung zumeist im Nebenerwerb. Broterwerb war in Rübenau u.a. die Nagelschmiederei. Mit der Tierhaltung war früher eine gestaffelte Wiesennutzung zur Futter- und Heugewinnung verbunden. Dabei kam die Sense zum Einsatz. Dadurch wurden die Wiesen relativ kleinräumig und zeitlich versetzt genutzt, da man mit der Sense im Vergleich zu Rasenmäher und Mähtraktor nicht so schnell vorankam und einem auch das Wetter in der Kammlage des Erzgebirges oftmals einen Strich durch die Rechnung machte. Mähwiesen und Tierweiden sind also menschgemacht. Ohne eine Nutzung setzt Gehölzaufwuchs ein, der schlussendlich zur Wiederbewaldung der Flächen führen würde.

Die wechselnden Intensitäten und kleinflächigen Nutzungen führten zu einem hohen Artenreichtum in Flora und Fauna. Staffelmahd ist heutzutage nicht mehr wirtschaftlich rentabel. Kleinteilige Flächen sind zudem nur mit erhöhtem logistischen Aufwand zu bearbeiten. Deshalb findet man diese Nutzungsformen zumeist nur noch auf Naturschutz-Wiesenflächen, auf denen einschürig (einmalig), im Optimalfall sogar gestaffelt, gemäht wird. Das Mahdgut wird dabei ein paar Tage zum Aussamen der Wiesenpflanzen auf der Fläche belassen und danach erst beräumt. Naturschutzakteure im Bereich Rübenau sind z.B. der Verein Miriqidica e.V. und der Landschaftspflegeverband „Zschopau-/ Flöhatal e.V.“.

Frau Hübner betonte, dass auch eine extensive Beweidung mit einem entsprechenden Weidemanagement für das Offenhalten von Grünlandflächen geeignet ist. Im Rahmen des Naturschutzgroßprojektes sollen auch Lösungsansätze entwickelt werden, wie das (Bergwiesen)Heu sinnvoll verwertet und genutzt werden kann. Heute landet es oftmals in der Kompostieranlage.

Reste der ehemaligen Bergwiesenvegetation in Rübenau sind als sog. Lebensraumtyp „Berg-Mähwiese“ im Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiet „Bergwiesen um Rübenau, Kühnhaide und Satzung“ geschützt. Zusammen mit den als SPA-Gebieten bekannten EU-Vogelschutzgebieten sind FFH-Gebiete Teil des europaweiten Schutzgebietsnetzes Natura 2000. Im Exkursionsgebiet sind neben den Berg-Mähwiesen u.a. auch Feuchte Hochstaudenfluren entlang von Bächen und Flüssen Bestandteil des FFH-Gebietes. Ihre Gefährdung ergibt sich aus Gewässerbegradigung/- befestigung, der Einbeziehung in die angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzungen (nur noch schmale Ausbildungen) sowie durch das Einwandern von teilweise invasiven Neophyten, darunter die Stauden-Knöteriche (Fallopia div. spec.) und das Drüsige Springkraut (Impatiens glandulifera). Kay Meister machte auf einen solchen Pflanzenbestand entlang eines kleinen Baches aufmerksam.

An einer weiteren Station des Lehrpfades konnten noch ungemähte Bereiche in der Verantwortung des Landschaftspflegeverbandes in Augenschein genommen werden. Hier stand die Vegetation noch gut sichtbar, und Frau Hübner stellte einige lebensraumtypische Arten der Berg-Mähwiesen vor, darunter Kleiner Klappertopf (Rhinanthus minor), Bärwurz (Meum athamanitcum) und Augentrost (Euphrasia div. spec.). Im Gegenzug zu dieser vergleichsweise späten Wiesennutzung steht eine (zu) zeitige Silage-Mahd Ende Mai/ Anfang Juni, wie sie ebenfalls zum Nutzungsspektrum der Bergwiesen um Rübenau gehört. Wiesenbrütende Vogelarten haben in diesen Bereichen keinerlei Chance, ihre Bruten erfolgreich abzuschließen. Eine Samenreife der Bergwiesenkräuter wird dadurch auch unterdrückt.

Am Nordrand der Streusiedlung konnten die Teilnehmer einen von Ebereschen dominierten gestuften Waldsaum zum angrenzenden Fichtenwald in Augenschein nehmen. Ebereschen sind z.B. eine wichtige Nahrung für das Birkhuhn (Tetrao tetrix), welches hier früher auf den Wiesen balzte, wie Kay Meister mitteilte. Heute ist das Birkhuhn als stark gefährdete Vogelart, die in der EU-Vogelschutzrichtlinie gelistet ist. Auch der Europäische Feldhase (Lepus lepus), früher allgegenwärtig, mittlerweile leider auch schon auf der Roten Liste gefährdeter Arten, findet hier Nahrung und Deckung. Das Naturschutzgroßprojekt plant, eine Bürger-Mitmach-Suchaktion zum Thema Feldhase zu initiieren.

An einem Bachlauf entlang des Lehrpfades standen 2 Vielblütige Lupinen (Lupinus polyphyllos), welche feinsäuberlich von der Mahd ausgespart blieben und bei denen nun mehrere Samenstände ausreiften. Die Referenten machten auf die Probleme, die mit der invasiven Ausbreitung des Neophyten in wertvollen Lebensräumen verbunden sind, aufmerksam. Es gibt vielfältige Bemühungen zum Zurückdrängen dieser Art in Bergwiesen. Entweder werden die Samenstände kontinuierlich entfernt oder man mäht den Bestand wiederkehrend vor der Blüte. Das Naturschutzzentrum Erzgebirge führt z.B. aktuell ein Projekt zur Lupine-Bekämpfung auf schutzwürdigen Flächen im Erzgebirgskreis mittels Ausstechen durch.

Auf dem Rückweg wurden von Kay Meister noch Informationen zu den in der FFH-Richtlinie geschützten Tierarten Fischotter (Lutra lutra) und Wolf (Canis lupus) im Gebiet Rübenau gegeben.

Am Haus der Kammbegegnungen konnte noch eine Informationstafel zum FFH-Gebiet „Bergwiesen um Rübenau, Kühnhaide und Satzung“ vorgestellt werden, welche im Zuge der Natura 2000-Gebietsbetreuung vom Naturschutzzentrum Erzgebirge erstellt wurde. Herr Meister gab abschließend einen kurzen Überblick über die Umweltbildungs- und Mitmachangebote des Verein Miriquidica.

- Informationen zum Naturschutzgroßprojekt Erzgebirgskreis

https://www.erzgebirgskreis.de/landratsamt-service/aus-der-verwaltung/naturschutzgrossprojekt

- Informationen zum FFH-Gebiet „Bergwiesen um Rübenau, Kühnhaide und Satzung“

https://www.erzgebirgskreis.de/landratsamt-service/aus-der-verwaltung/naturschutzgrossprojekt

- Information zu Natura 2000 in Sachsen

https://www.natura2000.sachsen.de/index.html

- Informationen zur Vielblättrigen Lupine

https://www.naturschutzzentrum-erzgebirge.de/wirueberuns/service/downloads/

Mitwoch, 7. August 2024 Fachveranstaltung „Bunte Wiesen brauchen Pflege"

Referenten: Mitarbeiter Naturschutzzentrum Erzgebirge gGmbH

Die nichtöffentliche Veranstaltung bestand aus einem Fachvortrag, einer Technik-Präsentation sowie einer Fachexkursion. Sie richtete sich vordergründig an Bauhof-Mitarbeiter, Gemeindevertreter, Behördenmitarbeiter sowie Mitarbeiter von Straßen- und Flussmeistereien.

Zu Beginn präsentierte Stefan Siegel - Bereichsleiter Landschaftspflege am Standort Dörfel - einen Powerpoint-Vortrag. Nachdem das Naturschutzzentrum und seine praktische Naturschutzwiesenpflege kurz umrissen waren, ging Herr Siegel vertiefend darauf ein, warum Wiesen und andere Offenlandbereiche eine regelmäßige Nutzung - bei Wiesen in Form einer Mahd - bedürfen.

Wiesen gehören mit zu den artenreichsten Biotopen auf unserer Erde. Nicht zuletzt deshalb sind die Berg-Mähwiesen als sog. Lebensraumtyp über die EU-Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie europaweit über das Schutzgebietsnetz Natura 2000 geschützt. Herr Siegel stellte die Behandlungsgrundsätze für diesen Lebensraumtyp vor.

►Links Informationen

Zu Natura 2000: https://www.natura2000.sachsen.de/

Zum Lebensraumtyp Berg-Mähwiesen: https://www.natura2000.sachsen.de/berg-mahwiesen-24024.html

Ein weiterer Schwerpunkt des Vortrages war der allgemein bekannte Insektenrückgang, der leider auch in Naturschutzgebieten bemerkbar ist. Die Ursachen sind vielfältig. Am Beispiel der Artengruppe Insekten wurde hervorgehoben, warum diese so wichtig sind und was für Ansprüche die Insekten im Jahreszyklus an ihren Lebensraum stellen.

Naturschutzgerechte Pflege ist so ausgerichtet, dass sie möglichst geringe Verluste bei Insekten (und anderen Tieren, speziell auch den Amphibien) zur Folge hat:

Verwendung geeigneter (schonender) Mähwerke, z.B. Doppelmesser statt Rotationsmähwerk

Staffelmahd (zeitlich und räumlich versetztes Mähen)

Angepasster Mahdtermin (Nach der Hauptblüte der wichtigsten Kräuter)

Belassen des Mahdgutes für einige Tage zum Abwandern und Aussamen

Geeignete Schnitthöhe (8-12 cm)

Belassen von Blühinseln

Mähen von Innen nach Außen

Ausführlich ging Herr Siegel darauf ein, welche negative Auswirkungen invasive Neophyten auf artenreiche Wiesen haben. Zu den invasiven neuen Pflanzen gehöen z.B. die Vielblättrige Lupine (Lupinus polyphyllus), die Stauden-Knöteriche (Fallopia div. spec.), der Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum) u.a. Diese sollten keinesfalls als falsche Rücksichtnahme durch Stehenlassen (und Aussamen) gefördert werden.

►Link Informationen

Zu Neophyten: https://neobiota.bfn.de/index.html

► Umfassende Informationen zur Lupine-Problematik erhalten Sie in einem Lupine-Flyer des NSZ, welchen Sie hier downloaden können: https://www.naturschutzzentrum-erzgebirge.de/wirueberuns/service/downloads/index.html

Geeignete Mahd- und Abtransporttechnik, welche im Naturschutzzentrum zum Einsatz kommt, wären z.B.:

Gebirgsmäher und Einachsgeräteträger

Freischneider

Gebirgsmäher mit Kreiselmäher

Bandrechen

Kammschwader

Eisernes Pferd

Quad mit div. Anhängen (zum Beräumen)

Gebirgsmäher mit Zange (zum Beräumen)

►Eine gekürzte Version des Vortrages können Sie hier downloaden:

Ein Teil dieser Technik wurde im Anschluss auf dem Landschaftspflegehof zur praktischen Veranschaulichung durch Mitarbeiter des Bereiches Landschaftspflege demonstriert, ebenso die diversen Beräumungsmöglichkeiten. Danach wurde auf einer angrenzenden Wiesenfläche die Pflegemahd mit anschließender Schwadung (welche regulär erst nach tageweisem Belassen des Mahdgutes auf der Fläche umgesetzt werden würde) im Praxiseinsatz präsentiert.

Auf einer anschließenden Exkursion wurden verschiedene Pflegeflächen des Naturschutzzentrums im Umfeld vorgestellt.

Dienstag, 20. August 2024 Fachveranstaltung „Der Goldene Scheckenfalter – wieder zurück im Erzgebirgskreis"

Referenten:

Steffen Thoß (LfULG, FBZ Zwickau)

Mitarbeiter Naturschutzzentrum Erzgebirge gGmbH (Jürgen Teucher, Stefan Siegel, Ines Schürer)

Die nichtöffentliche Veranstaltung bestand aus zwei Fachvorträgen, der Präsentation von Pflegetechnik und verschiedene Pflegeverfahren sowie einem Fachaustausch zwischen den Naturschutzakteuren sowie einer entomologischen Exkursion in das Vorkommensgebiet des Goldenen Scheckenfalters (Euphydrias aurinia). Die Fachveranstaltung richtete sich vordergründig an Naturschutzakteure, Ehrenamtler, Naturschutzvereine und -verbände sowie an Mitarbeiter von Ämtern und Behörden.

Zu Beginn präsentierte Stefen Thoß - Sachbearbeiter Natura 2000 beim LfULG FBZ Zwickau - seinen Powerpoint-Vortrag „Abbiss-Scheckenfalter oder Goldener Scheckenfalter – Verbreitung, Biologie, Populationsökologie, Pflegemethoden, Wiederansiedlung“

► Eine gekürzte Fassung des Vortrages steht zum Download unten bereit.

Detailliert ging der Entomologe auf die taxonomische Stellung, die Gefährdung/ Schutzstatus und die Verbreitung der Art innerhalb Deutschlands und Sachsen ein. Innerhalb Sachsens nimmt der Vogtlandkreis mit seinen Anteilen am Grünen Band (ehemalige innerdeutsche Grenze) eine Schlüsselstellung ein. Interessant waren die Ausführungen zur Biologie und zur Lebensweise des Goldenen Scheckenfalters von der Eiablage, über die Raupenstadien, die Verpuppung bis hin zur Imago-Flugphase. Eine besondere Bedeutung kommt bei uns im Erzgebirgskreis dem Gewöhnlichen Teufelsabbiss (Succisa pratensis) zu, denn er ist hierzulande die alleinige Raupenfutter-Pflanze. Die Vorkommen des Falters sind demnach an die Succisa-Vorkommen gebunden (deshalb auch gelegentlich „Abbiss-Scheckenfalter“ genannt; in anderen Gegenden nehmen diese Rolle die verwandten Arten Scabiosa oder Knautia ein).

Detailliert ging Herr Thoß auf die notwendigen Strukturen der Präimaginal- und Imaginalhabitate ein. Lebensräume für Eurinia finden sich auf extensiven Mahdflächen und auch auf unterschiedlich alten Grünlandbrachen (Beweidung wird eher pessimal eingestuft), soweit sie eine niedrigwüchsige, lockere Vegetationsstruktur aufweisen, die eine ausreichende Besonnung (der Gespinste) zulässt. Die erwachsenen Falter nutzen die gleichen Lebensräume, wenn ein entsprechendes Nahrungsangebot (Blühpflanzen, insbesondere Bistorta, Ranunculus, Arnica u.a.) vorhanden ist.

Das Nutzungsregime der Falterhabitate ist ganz entscheidend für den Fortbestand der jeweiligen Populationen. Sowohl Mahdhöhe als auch Mahdzeitpunkt sind zu beachten. Steffen Thoss berichtete von den Erfahrungen aus dem Grünen Band, aus Baden-Württemberg und Brandenburg. Bezüglich der Mahdhöhe (Höhe des Schnittmessers bei der Mahd) können aktuell keine allgemeingültigen Aussagen getätigt werden. Deshalb ist ein vielfältiges Nutzungsmosaik aus räumlich und zeitlich gestaffelter Mahd mit unterschiedlichen Schnitthöhen offenbar am zielführendsten. Sinnvoll ist auch ein vorheriges Absuchen der Mahdflächen auf Gespinste (Machbarkeitsproblem bei großen Gespinstzahlen!), die dann markiert werden und von der Mahd ausgespart bleiben. Die Raupen können die Mahd u. U. auch überleben. Sie sollten allerdings nach der Mahd die Möglichkeit haben, aus dem Mahdgut abzuwandern (durch Belassen des Mahdgutes auf der Fläche für einige Tage vor dem Schwaden und Beräumen). Beim Mahdzeitpunkt müssen auch andere Schutzgüter (Vegetation, Lebensraumtyp, Pflanzenarten, andere Insekten-Arten usw.) berücksichtigt werden. Möglich wäre eine Mahd im August bis Anfang September in der Fraßgespinstphase. Spätere Mahden oder Aussparen der betroffenen Flächen von der Mahd wirken sich ggf. ungünstig auf die Vegetationsstruktur aus (Verbrachung). Es ist auch eine frühere Mahd im Juli bei Mahdhöhen von 7-10 cm (Schonung der Eigelege) möglich. Wichtig ist nur, dass keine Mahd zur Falter-Flugzeit Ende Mai bis Anfang Juli erfolgt. Welches Pflegemanagement auf den Vorkommensflächen im Erzgebirgskreis sinnvoll ist, muss noch eruiert werden.

Wichtig für das langfristige Überleben der in Sachsen vom Aussterben bedrohten Art ist der Aufbau von sog. Metapopulationsstrukturen (räumlich getrennte Teil-Populationen, aber untereinander im Genaustausch stehend). Es sollte also ein räumliches Netz aus in Nachbarschaft befindlichen geeigneten Habitatflächen (aktuell besiedelt oder potenziell besiedelbar) mit ausreichender Größe vorhanden sein. Für den Goldenen Scheckenfalter sind Populationsschwankungen von 5-9 Jahren bekannt. Es spielen Parasitoide und Witterungsereignisse eine große Rolle. Für die Überlebensfähigkeit brauchen die Teilpopulationen eine ausreichende Größe und ein entsprechendes Angebot an Wirtspflanzen. Es wird also ein räumlich strukturiertes Netz an geeigneten Habitaten erforderlich. Ein Artenmanagement muss entsprechend angepasst werden. Steffen Thoß berichtete von Wiederansiedlungserfahrung aus verschiedenen Teilen Deutschlands. Bei Wiederansiedlungen sind die IUCN-Richtlinien für Wiederansiedlungen zu beachten (Wiedereinbürgerung im historischen Verbreitungsgebiet, Spender- möglichst in gleicher Region wie Empfängerfläche, keine vorhandenen Restpopulationen, langfristige gesichertes Wiedereinbürgerungsgebiet, geeignete Habitate, naturschutzrechtliche Genehmigung usw.).

Im Anschluss stellte Jürgen Teucher die Wiederansiedlung der Goldenen Scheckenfalters in einem Schutzgebiet im Erzgebirgskreis vor.

► Eine Kurzform des Vortrages „Erfolgreiche Wiederansiedlung des Goldenen Scheckenfalters (Euphydryas aurinia) im Erzgebirgskreis“ steht zum Download unten bereit.

Die 2020 umgesetzten (10) Gespinste stammten aus einer (damals) stabilen Population aus dem vogtländischen Grünen Band und waren potenziell von Schafbeweidung beeinträchtigt. Aufgrund der besonderen Eignung der Habitate auf den Empfängerflächen, der Verfügbarkeit von großen Succisa-Beständen und der naturschutzgerechten, angepassten Wiesenpflege durch das Naturschutzzentrum Erzgebirge konnten sich die Bestände fast explosionsartig entwickeln und bereits weitere in räumlicher Nachbarschaft befindliche Habitate besiedeln. Aktuell also eine Erfolgsgeschichte, die einer weiteren Beobachtung bedarf (Populationsschwankungen, Habitatentwicklungen usw.).

Ein Teil der Landschaftspflegetechnik wurde im Anschluss auf dem Landschaftspflegehof zur praktischen Veranschaulichung durch Mitarbeiter des Bereiches Landschaftspflege demonstriert.

Auf einer anschließenden entomologischen Fach-Exkursion wurden im Wiederansiedlungsgebiet die verschiedenen Falter-Habitate vorgestellt, Fraßgespinste gezeigt, deren Markierung für die Mahdaussparung bei der anstehenden Pflegemahd demonstriert, verschiedene Pflegemethoden und Erfordernis von Berücksichtigung weiterer naturschutzfachlicher Zielarten und Vegetationseinheiten bei der angepassten Pflege-Mahd und Beräumung gemeinsam mit den Teilnehmern diskutiert.

Vortrag von Steffen Thoß (LfULG) als PDF-Datei

Vortrag von Jürgen Teucher (Naturschutzzentrum Erzgebirge) als PDF-Datei

Donnerstag, 29. August 2024 Vortrag „Der Luchs in Deutschland und Sachsen – die Rückkehr der Pinselohren“

Referentin: Dr. Jana Zschille (TU Dresden-Tharandt)

Zu Beginn des Vortrages erfuhren die Teilnehmer Wissenswertes über die Biologie des Eurasischen Luchses (Lynx lynx). Als größte Katzenart Mitteleuropas wird ein ausgewachsener Luchs ungefähr schäferhundgroß. Das konnte man anschaulich an einem Modell, welches im Naturschutzzentrum hergestellt wurde, nachvollziehen. Als Einzelgänger besiedelt der Luchs große Territorien mit geringer Populationsdichte. Ein Männchen benötigt im Schnitt 200-400 km2 Streifterritorium. Da verwundert es nicht, wenn die einzelnen europäischen Luchspopulationen sehr unterschiedlich groß sind: die Karpaten-Population bemisst sich auf ca. 2.400 Tiere, wohingegen die Harz-Population lediglich etwa 70 Tiere umfasst. Nachdem es ein historisches Minimum an Luchsen um 1960 gab (durch Lebensraumverlust, Wildverlust, Bejagung), streifen aktuell wohl rund 130 selbstständige Luchse in Deutschland (eingewandert oder ausgewildert).

In Mitteleuropa liegt die Zahl der Tiere bei stabilen Populationen bei 1-3 Luchsen/ 100 km2. Der Luchs hat ein eher konservatives Ausbreitungsverhalten (im Vergleich zum Wolf wandert er nicht sehr weit) und er bringt auch weniger Jungtiere zur Welt. Das alles führt eher zu kleinen Populationen, die im besten Fall miteinander im genetischen Austausch stehen sollten. Im Ausbreitungskorridor Karpaten-Riesengebirge-Bayerischer/ Böhmerwald stellt das Erzgebirge einen wichtigen Trittstein (im „Kreisverkehr“) dar.

Interessant waren die Ausführungen von Frau Dr. Zschille zum Nahrungsspektrum des Beutegreifers. Im Schnitt wird 1 Huftier pro Jahr pro 100 ha Wald erbeutet. Das entspricht ca. 1/5 von dem, was ein Jäger jagt. Daneben übt der Luchs als Beutegreifer regulativ auf sog. mittlere Carnivoren Druck aus. Indem er z.B. Füchse jagt, stabilisiert er die Birkhuhn-Population im Gebiet, deren Beutegreifer Fuchs dadurch zurückgeht.

Nutztierrisse sind – im Vergleich zum im Rudel jagenden Wolf, eher selten und gut erkennbar. Herdenschutztiere (Hunde, Esel usw.) sind hier sehr hilfreich. Bei bestätigten Rissen wird ein Schadensausgleich gezahlt.

Ein fundiertes Monitoring ist die Grundlage für das zukünftige Luchs-Management. Eine begleitende Öffenrlichkeitsarbeit ist unerlässlich, damit die Akzeptanz gegenüber dem Luchs ausgebaut werden kann. „Ohne Akzeptanz keine Chance“.

Ziel ist die dauerhafte Datenerhebung zu Vorkommen und zur Arealnutzung der sächsischen Luchse. Projektträger ist das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie im Auftrag des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft. Die Koordinierung des Monitorings, einschließlich der Schulung von sog. Luchs-Erfassern sowie die wissenschaftliche Begleitung liegt in der Verantwortung der TU Dresden, Professur für Forstzoologie. Unterstützt wird das Monitoring von Senckenberg Museum, vom Landesjagdverband e. V. sowie vom BUND.

Beim Monitoring werden z.B. Fotofallen (an Rissen, Wechseln und Wegen) ausgewertet. Auf Fotofallen können einzelne Tiere anhand ihrer individuellen Fleckung erkannt werden.

Bei Schneelage werden geeignete Korridore abgespürt und diverse Anwesenheitshinweise gesammelt. Die Luchshinweise (u.a. auch aus der Bevölkerung) werden anhand einheitlicher Kriterien klassifiziert (eindeutiger, bestätigter und unbestätigter Hinweis). In den letzten beiden Monitoring-Jahren 2021-22 und 2022-23 gab es keinen sicheren Luchsnachweis in Sachsen, lediglich sog. unbestätigte (C3)-Hinweise.

Hier setzt das RELynx-Wiederansiedlungsprojekt im bewaldeten Südsachsen (ca. 4.000 km2 groß) an, welches den Aufbau einer stabile Trittsteinpopulation im Erzgebirge/ Elbsandsteingebirge zum Ziel hat. Zeitgleiche Projekte werden in Baden-Württemberg und Thüringen realisiert. Dabei werden Wildfänge (aus der Schweiz), Waisentiere oder Nachzuchten aus menschenferner Haltung ausgewildert. Ein sächsisches Koordinierungsgehege für die Auswilderungsvorbereitung ist für Chemnitz-Rabenstein geplant. 2024 sind nunmehr 5 Tiere (2 Weibchen, 3 Männchen) ausgewildert. Ziel ist die Auswilderung von insgesamt 20 Tieren in der Projektlaufzeit. Die zuständige Behörde ist wiederum das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. Koordiniert wird das Projekt durch das Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz. Das begleitende Monitoring obliegt der TU Dresden, Forstzoologie Tharandt. Die Umsetzung erfolgt in Abstimmung mit dem Staatsbetrieb Sachsenforst.

Begleitend zur Auswilderung finden Telemetrische Untersuchungen, Fotofallenauswertungen, Nahrungsanalysen usw. statt; im intensiven Austausch mit dem benachbarten Tschechien.

Doch wie geht es nun den 2024 ausgewilderten Luchsen? Frau Dr. Zschille erzählte, dass sich die beiden Weibchen(„Nova“, „Alva“)-Territorien überlappen und sich das Männchen („Juno“)-Territorium dazwischen befindet. Diese 3 erkunden derzeit das sächsische Erzgebirge. Der Ende Juli ausgewilderte „Chapo“ hält sich grenznah in Tschechien auf. Von dem erst ein paar Tage zuvor ausgewilderten „Anton“ kann man noch keine Angaben machen. Die Tiere sind alle besendert und senden alle 4 Stunden ein entsprechendes Signal. Der Sender läuft ca. 1 Jahr und fällt dann von selbst ab.

Wir sind gespannt, wie die Entwicklung verlaufen wird und ob es gelingt, eine stabile Trittsteinpopulation zu etablieren.

Frau Dr. Zschille bat darum, jede Zufallsbeobachtung zu melden.

► Hinweismeldungen und mehr Infos zum Luchs allgemein und zum Monitoring unter

https://luchs-sachsen.de/

►Infos zum RELynx-Projekt unter https://www.luchs.sachsen.de/projekt-relynx-3981.html

► Youtube-Link „Der Luchs zurück in Sachsen“ https://www.youtube.com/watch?v=YEdRTVwFWo8

Kurzübersicht zum Luchsmonitoring als PDF-Datei zum Download

Mittwoch, 4. September 2024 Vortrag „Die Kreuzotter - Lebensbilder einer heimischen Schlangenart“

Referent: Uwe Prokoph (Demitz-Thumitz)

Zu Beginn des Vortrages stellte Uwe Prokoph, der sich als Feldherpetologe und Schlangenkundler seit vielen Jahren sehr intensiv mit der Kreuzotter beschäftigt, die 7 bzw. 8 Schlangenarten Deutschlands vor. In Sachsen sind die Glatt- oder auch Schlingnatter (Coronella austriaca), die Kreuzotter (Vipera berus), die Würfelnatter (Natrix tessellata), die Ringelnatter (Natrix natrix; in Deutschland allerdings 2 Arten unterschieden: N. natrix und N. helvetica) und die Blindschleiche (Anguis fragilis) beheimatet. Letztere ist eigentlich keine Schlange, sondern eine beinlose Echse.

Die Artensteckbriefe der heimischen Schlangen können Sie im Informationsblatt der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde e. V. nachlesen.

► Download Artensteckbriefe heimischer Schlangen - Ein Informationsblatt der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde e. V. (DGHT) und der DGHT AG Feldherpetologie und Artenschutz: PDF-Datei "DGHT-Schlangenmerkblatt"

► Nähere Informationen erhalten Sie auch unter

www.dght.de und unter www.feldherpetologie.de

Nachfolgend nahm uns der Referent in seinem Vortrag auf eine unterhaltsame Bilderreise mit, erzählte aus dem Leben der Kreuzotter, von ihrer spannenden Biologie, den Lebensräumen und den Schutzmöglichkeiten für dieser faszinierenden Schlangenart.

Die Weibchen sind in der Grundfärbung eher bräunlich mit dunkelbrauner Zeichnung, die Männchen meist hellgrau mit schwarzem Zickzackband. Grundsätzlich ist sie in der Färbung sehr variabel. Auch Schwärzlinge (sog. “Höllenottern“) kommen als melanistische Morphen vor.

Wald reicht als alleiniger Lebensraum für die Kreuzotter nicht aus. Vielmehr nutzt sie im Jahreslauf sehr vielgestaltige, oft sehr kleinräumige und mikroklimatisch anspruchsvolle (besonnte, windgeschützte) Habitate. Im Norden Deutschlands tritt die Art vor allem in Mooren auf, im Gebirge hingegen auch auf den Steinrücken, Blockhalden, in Wäldern und Säumen. Die Schuttfluren, Block-und Geröllhalden sind dabei die ursprünglichen Primärhabitate, die vom Mensch geschaffenen Steinrücken und Steinbrüche sog. Sekundärhabitate.

Die Kreuzotter liebt eher eine mildere Besonnung morgens und abends als die mittägliche Prasselsonne. Gleichzeitig benötigt sie kühle, feuchte Rückzugsorte in der Nähe.

Am Fichtelberg ist sie wie anders wo auch ein „Grenzgänger“ zwischen Wald(rand) und Offenland. Zwergstrauchheiden aus Vaccinium- und Calluna-Arten spielen hier eine Rolle. Aber auch an feuchten, moorigen Stellen im Erzgebirge ist die Art mit Glück zu beobachten, z.B. in den Mooren am Geyerischen Teich, am Röhrgraben Geyer oder am Kranichsee im Westerzgebirge. Alte Bahndämme können als Ersatzhabitate genutzt werden.

Besonders gut kann man die Schlangenart im zeitigen Frühjahr (März-Mai) bei niedriger Vegetation beobachten. Die männlichen Tiere wärmen sich sogar schon in der Vorfrühlingssonne, wenn noch letzte Schneeflecken vorhanden sind: sie benötigen die Wärme für die Spermienproduktion.

Die Frühjahrssonnenplätze befinden sich meist in der Nähe der Überwinterungsquartiere, z.B. Felsspalten oder Wurzelhohlräumen, die als Tagesverstecke unbedingt Vorort zu belassen sind. Tiefhängende Fichtenzweige sind ebenfalls als Sonnenplätze geeignet; die Kreuzotter kann auch klettern (und schwimmen). Die Tiere sind allgemein recht reviertreu. Werden die Sonnenplätze an Waldränder durch aufwachsende Bäume aber zunehmend beschattet, müssen die Tiere abwandern. Es können bis zu 2000 m zurückgelegt werden.

Im Frühjahr kommt es dann zu den sog. Kommentkämpfen der Männchen. Dieses Kräftemessen verläuft unblutig. Nach der Paarung trennen sich die Geschlechter wieder. Danach sind die Weibchen verstärkt zu beobachten, da sie einen erhöhten Energiebedarf haben. Im September/ Oktober kommen die vollständig entwickelten Jungtiere zur Welt (lebensgebärend als Anpassung an das kühle Klima in den Lebensräumen).

Kreuzottern ernähren sich von Amphibien, Mäusen, Waldeidechsen. Die kleinen „Minifrösche“ sind die Erstnahrung der Kreuzottern. Das unterstreicht die Bedeutung von Kleingewässern für die Nahrungsbasis der Reptilien. Auf Grund einer dehnbaren Verbindung zwischen Unter- und Oberkiefer kann auch größere Nahrung bewältigt werden.

Haupt-Prädator der Kreuzotter ist – wie für so viele andere Artengruppen auch zutreffend – das Wildschwein, aber auch Fuchs, Iltis oder Greifvögel.

Bei bekannten Kreuzotter-Vorkommen ist eine Regulierung der Gehölzsukzession oftmals zwingend erforderlich. Es muss lokal pflegend eingegriffen werden, um Sonnenplätze zu erhalten. Hochspannungstrassen kommt dabei im Biotopverbund von Reptilienlebensräumen eine besondere Rolle zu. Zum Lebensraummosaik gehören auch Wurzelteller, Felsspalten und Amphibien-Laichgewässer.

Nach dem sehr informativen Vortrag von Herrn Prokoph wurden von ihm in einer Lebendtierpräsentation in entsprechenden Sicherheits- Präsentationsboxen Kreuzottern und Aspisvipern gezeigt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten die Möglichkeit, Fragen zu stellen, was auch rege genutzt wurde. Insbesondere die Thematik Kreuzotterbiss kam zur Sprache. So sollten bei einem Biss die entsprechenden Stellen nicht abgeschnürt (nur ein breiter Druckverband, der das gebissene Glied vor zu starkem Anschwellen bewahrt, ist zulässig) und auch nicht ausgesaugt werden. Ruhe bewahren und Flüssigkeit trinken. Treten Symptome auf (Schweißausbrüche, Übelkeit, Herzrasen, Schwellungen, Lähmungen, Blutdruckabfall…): Arzt oder Krankenhaus aufsuchen! Gefährlich kann ein Biss bei Kindern oder Personen mit Vorerkrankungen (insbesondere Herz-Kreislauf-Erkrankungen) werden. Die Bisse sind nicht harmlos, aber Todesfälle sind extrem selten und gehen oftmals nicht auf die Giftwirkung sondern auf Schock und Herzversagen zurück. Die Kreuzotter beißt, wenn sie sich in einer Bedrohungssituation befindet. Beim Pilze- oder Beerensammeln oder bei Heide- und Moorwanderungen sollte man Ausschau halten, wenn man wohin greift, die Beine schützen und festes Schuhwerk tragen.

Donnerstag, 5. September 2024 Exkursion „Im Lebensraum der Kreuzotter und anderer Reptilien – eine feldherpetologische Exkursion ins Fichtelberggebiet mit Uwe Prokoph“

Exkursionsleiter: Uwe Prokoph (Demitz-Thumitz)

Bei strahlendem Sonnenschein und hochsommerlichen Temperaturen trafen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Talstation Alter Sessellift in Oberwiesenthal. Was auf den ersten Blick wie „gutes“ Exkursionswetter aussah, stellte sich sehr schnell als ungünstig heraus, denn es wehte ein sehr heftiger Wind. Nicht optimal, um Kreuzottern (Vipera berus) und andere Reptilien zu beobachten…

Uwe Prokoph - erfahrener Reptilienfachmann und ortskundig am Fichtelberg - führte uns am Fichtelbergsüdhang durch verschiedene Kreuzotter-Lebensräume. Entlang von Viehtrift und Rennrodelstrecke hielten wir Ausschau nach geeigneten Habitatstrukturen für die Kreuzotter. Besonnte, windgeschützte Waldränder werden gerne von den Tieren genutzt. Vor allem die am Fichtelberg noch häufig ausgeprägten Zwergstrauchheiden aus Vaccinium und Calluna oder tiefhängende Fichtentraufe (Kreuzottern können klettern und demzufolge auch obenauf liegen auf den Fichtenzweigen) kommen als Sonnenplätze infrage. Auch Wurzelteller, Wurzel- u.a. Hohlräume sowie Steinhaufen spielen eine wichtige Rolle als Rückzugsorte für die bundes- und sachsenweit stark gefährdeten Reptilien, die auch im benachbarten Tschechien in der Roten Liste so eingestuft sind.

Uwe Prokoph stellte per Bild die verschiedenen heimischen Schlangenarten vor. Die Teilnehmenden erfuhren auf unterhaltsame Weise viel Wissenswertes aus dem Leben der Kreuzotter und zu geeigneten Schutzmaßnahmen für die Art. Natürlich wurde auch zur Gefährlichkeit der Giftschlange nachgefragt. Details zu all diesen Themen entnehmen Sie bitte hier auf dieser Website dem Rückblick zum Vortrag „Die Kreuzotter - Lebensbilder einer heimischen Schlangenart“, welchen Uwe Prokoph am Vortag (4.9.24) im Naturschutzzentrum Erzgebirge in Dörfel hielt.

An der Sachsenbaude gab es randlich Haufen mit Gartenabfällen und Grasschnitt. Herr Prokoph erläuterte, dass selbst solche Strukturen aufgrund der Wärmeentwicklung in den Biomasse-Ablagerungen interessante Reptilienbeobachtungen zulassen. Ringelnatter legen z.B. gerne ihre Eigelege in Komposthaufen ab.

Entlang der Rennrodelstrecke stellt die seitliche Banderole ein extremes Wanderungshindernis für alle nicht fliegenden Tiere so auch für Reptilien und Amphibien dar. Im Sinne des Artenschutzes müssten hier regelmäßige Durchlässe vorhanden sein.

Die in den angrenzenden Wiesen und Heiden stellenweise herumliegenden großen schwarzen Gummimatten sind hingegen - eigentlich Müll in der freien Landschaft - wiederum interessant für Schlangen. Die schwarze Farbe in Kombination mit dem Material bietet warme Sonnenplätze und gute Versteckmöglichkeiten. Diesen Effekt macht man sich z.B. bei Reptilien-Kartierungen zunutze, indem man schwarze Kunststoffmatten zeitweise als künstliche Verstecke ausbringt und damit mögliche Artvorkommen erfassen kann.

…wie schon zu Beginn der Wanderung vermutet, konnten wir leider keine Kreuzottern auf unserer naturkundlichen Wanderung beobachten. Das war aber nicht schlimm, denn wir haben sehr viel Spannendes über das Leben und die Lebensräume der Kreuzotter und über sinnvolle Schutzmaßnahmen für die Art erfahren.

Freitag, 27. September 2024 Exkursion „Spurensuche im Beilbachtal bei Schmalzgrube“

Exkursionsleiter: Tim Buchau, Ines Schürer (Naturschutzzentrum Erzgebirge)

Bei bestem frühherbstlichen Wetter trafen sich die Teilnehmer in Schmalzgrube auf dem Wanderparkplatz. Dort erhielten sie nach der Begrüßung erste Informationen zum EU-Vogelschutzgebiet SPA 71 „Erzgebirgskamm bei Satzung“, in welchem die Wanderung stattfinden soll. Frau Schürer stellte das Gebiet, seinen Umgriff und einige wertgebende Vogelarten anhand der auf dem Parkplatz stehenden Infotafel zum Vogelschutzgebiet vor.

Vorbei am historischen Hammerwerk mit Hammerherrenhaus und Hochofen, die Teil des UNESCO-Welterbes Montanregion Erzgebirge sind, ging es hinein ins Preßnitztal. Die Preßnitz/ Přísečnice entspringt in Tschechien und bildet hier die Staatsgrenze. Sie ist das Rückgrad des Fauna-Flora-(FFH)Gebietes 265 „Preßnitz und Rauschenbachtal“, welches mit Eintritt des Gewässers auf deutsches Gebiet bis zur Mündung in die Zschopau Bestandteil des Schutzgebietsnetzes Natura 2000 ist.

► Link Info zum SPA-Gebiet „Erzgebirgskamm bei Satzung“:

https://www.natura2000.sachsen.de/71-erzgebirgskamm-bei-satzung-35873.html

► Link Info zum FFH-Gebiet „Preßnitz- und Rauschenbachtal“:

https://www.natura2000.sachsen.de/265-pressnitz-und-rauschenbachtal-31601.html

► Link Info zu Natura 2000:

https://www.natura2000.sachsen.de/index.html

Entlang des Beilbachweges konnten immer wieder Wechsel von Rot- und Schwarzwild aus dem Wald zum im Talgrund verlaufenden Bach mit seinen umgebenden offenen Wiesenbereichen festgestellt werden. Hier wechseln die Tiere vermutlich vom Tages- in den Nachteinstand bzw. kommen hier her, um zu saufen. Herr Buchau erläutere, woran man im Gelände die Wechsel erkennen kann. Im Laufe der Wanderung konnten wir immer wieder verschiedene Trittsiegel, Spuren und Fährten von Rot-, Reh- und Schwarzwild beobachten. Herr Buchau erklärte den Teilnehmern, wie er an den Spuren sogar teilweise Alter, Geschlecht und eine mögliche Trächtigkeit ablesen kann.

An stehendem Totholz konnten wir die verschiedenen „Bearbeitungen“ durch Schwarzspecht und Buntspecht ablesen. Sog. Specht-„Flöten“ (mehrere Löcher übereinander in Linie) und Specht-„Schmieden“ (eingeklemmte Zapfen zum Bearbeiten) sind ebenfalls Anwesenheitsspuren unserer Spechte.

Fichtenzapfen sind Nahrungsquelle von Säugetieren und Vögeln. Um an die Samen im Zapfen zu gelangen, gibt es unterschiedliche Strategien. So kann man an der Form der bearbeiteten Zapfen sehen, ob z.B. Waldmäuse, Eichhörnchen oder Fichtenkreuzschnäbel am Werk waren.

Losungen – eigentlich ein weidmännischer Begriff für Exkremente von Hund und Wild (mit einigen Ausnahmen) – wurden von Marder und Mauswiesel gesichtet. Die Form und Größe des Kotes sowie die Wahl des Ablageplatzes geben Auskunft über den „Verursacher“.

Auf Höhe der Mündung des Beilbaches in die Preßnitz verläuft nun die Staatsgrenze entlang des naturnah ausgebildeten Beilbaches/ Kamenička. Das Quellgebiet des Beilbaches liegt im Bereich der Schwarzen Heide/ Kriegswiese im Raum Satzung. Man sieht dem Wasser seinen Moorursprung an: die braune Färbung deutet auf viele Huminstoffe hin. Die Wasserqualität scheint aufgrund des bewaldeten Einzugsgebietes relativ gut zu sein, denn es konnten Köcherfliegenlarven festgestellt werden, die auf Steinen im Bachbett abgeheftet sind.

Herr Buchau machte die Exkursionsteilnehmer auf verschiedene Wuchsformen von Bäumen aufmerksam, die uns eine besondere Geschichte erzählen: Drehwuchs, vermeintlich zusammengewachsene Bäume unterschiedlicher Arten (Fichte zusammen mit Buche), eingeritzte Buchstaben, die sich das Holz „merkt“, Ständerwuchs durch Überwachsen abgestorbener Bäume u.v.m.. Im Revier stehen auch einige sehr alte Fichten.

Weiter bergauf ging unsere Wanderung, allmählich vom Fichtenforst in einen Buchenwald übergehend. Vorbei an Geröllfeldern gelangt man zur Einsamen Spitze bei 810 müNN, die aber recht zugewachsen und eine Aussicht somit nur eingeschränkt möglich war. Gegenüber liegt auf der tschechischen Seite der sog. Mönchsfelsen/ Mnišská skala. Eine offene Felsbildung, die man normalerweise von hier sehen kann. Die deutsche Bezeichnung Luchsfelsen gibt Hinweis darauf, dass hier früher die große Katze beheimatet war. Luchse nutzen gerne Felsbildungen als Aussichts- und Ruheplatz.

Unterwegs kamen wir an Himbeer-Gebüschen vorbei, deren Blätter umgeknickt waren. Beim genaueren Hinsehen konnte man erkennen, dass ein Teil der Blätter abgeweidet waren: Rehe haben eine Vorliebe für die schmackhaften Blätter.

Zahlreiche Pilze, Moose und Flechten, darunter auch Bartflechten an Bäumen, sind mit vielen Arten im Beilbachtal vertreten. Borkenkäfer, z.B. Waldgärtner und Buchdrucker, sind leider auch hier zu beobachten.

Über den Hirschsteinweg bergab gelangten wir nach vierstündiger aber kurzweiliger Wanderung wieder zurück zu unserem Ausgangspunkt. Wir haben im Laufe der Wanderung erfahren, dass man die vielen kleinen Details am Wegesrand bewusster wahrnehmen sollte, denn diese können uns einen spannenden Einblick in die Natur gewähren.

Sonntag, 29. September 2024 „Herbstlicher Vogelzug – durch Beringung der Wanderung von Vögeln auf der Spur“

Netzfang mit Beringung, Vortrag

Referenten: Mitglieder des Vereins Gelenauer Ornithologen e.V. (Netzfang und Beringung), Dr. Rico Spangenberg (Vortrag)

Auf Grund von gemeldeten starken Niederschlägen wurde die Veranstaltung kurzfristig vom Samstag auf den Sonntag, den 29. September 2024, verschoben. Bei Regenwetter gehen aus der Erfahrung des Vereins, der seit vielen Jahren regelmäßig Vogelfang mit Beringung durchführt, nicht so viele Vögel ins Netz. Am Sonntag hatten wir dann trockenes aber kaltes Wetter und dem regulären herbstlichen Netzfang zur besten Zugzeit stand nichts mehr im Wege.

Bereits in den frühen Morgenstunden hatten die Mitglieder des Vereins Gelenauer Ornithologen e. V. auf ihrem Vereinsgelände in der Nähe des Eisenweges die Fangnetze aufgestellt: ein Hochnetz, mehrere „normale“ Netze im dichten Faulbaumgebüsch (die Früchte des Faulbaumes werden von zahlreichen Vogelarten gern genutzt) und ein frei stehendes Netz mit Uhu-Attrappe (= ein ausgestopfter Uhu) zum Anlocken von Greifvögeln und anderen Vögeln, die den Uhu „hassen“ (im Ornithologen-Sprachgebrauch für „Scheinangriffe fliegen“) und dabei möglicherweise ins Netz gehen.

Nachdem die Teilnehmer sehr freundlich von den Vereinsmitgliedern begrüßt wurden, ging es zur ersten Netzrunde gemeinsam mit den Teilnehmern: dabei wurden alle in den Netzen hängenden Vögel vorsichtig herausgeholt und netzweise einzeln in luftdurchlässige Stoffsäckchen verstaut. Nachdem alle Netze in diesem Durchgang geleert waren, ging es an die wissenschaftliche Feldarbeit, bei der wir Teilnehmer den Beringern über die Schulter schauen durften.

In einem ersten Schritt wird die Art festgestellt und nachgeschaut, ob der gefangene Vogel bereits einen Ring trägt oder nicht. Hat er einen Ring, wird dieser abgelesen und die Ringnummer dokumentiert. Durch Abgleich von Listen kann man feststellen, ob es sich um einen Wiederfang handelt oder der Vogel anderswo beringt wurde. Trägt das Exemplar keinen Ring, erhält er nun einen Ring entsprechend seiner Größe (es stehen verschiedene Ringweiten zur Auswahl). Diese Tätigkeit darf nur ein offizieller Beringer durchführen. Das sind geschulte und erfahrene Experten/ Expertinnen, die eine behördliche Ausnahmegenehmigung für ihre Arbeit erhalten haben.

Nachfolgend finden verschiedenen Untersuchungen am Vogel, der vorsichtig in der Hand gehalten wird, statt: kann man das Geschlecht erkennen, möglicherweise auch das Alter, wie ist der Gesundheitszustand, liegen Verletzungen vor usw. Danach werden die Flügellänge und die Länge der Mittelfeder vermessen, mittels Anpusten des Baugefieders die Fettreserven auf einer Skala eingeschätzt, und zum Schluss wird der Vogel noch gewogen. Das sieht sehr eigentümlich aus, wenn der Vogel dazu kopfunter in einer Plastikröhre auf der Waage steckt. Dies alles geht sehr schnell und konzentriert, um den Vogel nicht unnötig weiter zu stressen. Im Anschluss wird er in seine Freiheit entlassen.

Alle Daten werden in Erhebungsbögen dokumentiert. Bei den Beringungen durch den Verein Gelenauer Ornithologen e. V. handelt es sich um ein sog. Integriertes Monitoring von Singvogelpopulationen (IMS), ein überregionales Programm der wissenschaftlichen Vogelberingung in den ostdeutschen Bundesländern. Dr. Spangenberg nimmt zudem noch am Internationalen Monitoring Greifvögel und Eulen teil, welches ebenfalls im wissenschaftlichen Arbeitsprogramm der Beringungszentrale Hiddensee gelistet ist. Ihm oblag demnach die Untersuchung und Beringung des im Uhu-Netz gefangenen Turmfalken. Am Morgen, noch bevor die Teilnehmer der Veranstaltung eintrafen, wurde bereits ein Sperlingskauz gefangen und beringt.

Durch Beringung erlangt man zu Informationen hinsichtlich Zugverhalten, Ansiedlung von Jungvögeln, zur Ortstreue von Brutvögeln, zur Lebenserwartung und nicht zuletzt zu den Todesursachen. Zwischen den einzelnen Netzrunden erfuhren die Teilnehmer in der Vereinshütte in einem informativen Vortrag von Dr. Spangenberg viele Fakten rund um das Thema Vogelzug und Vogelberingung. Dr. Spangenberg äußerte am Schluss des Vortrages die Bitte, dass jeder Ringfund gemeldet werden sollte, damit dieser wissenschaftlich ausgewertet werden kann.

► Die Kurzversion der Vortrages von Dr. Rico Spangenberg finden Sie hier: Download als PDF-Datei

► Weitergehende Informationen z.B. unter https://www.beringungszentrale-hiddensee.de/

► Ringmeldungen unter: https://www.beringungszentrale-hiddensee.de/ringfundmeldung/

Alles in allem war es für die Teilnehmer eine einzigartige Gelegenheit, unseren Vögeln einmal so nah zu kommen. Zahlreiche Fragen der Teilnehmer wurden fundiert beantwortet.

So viele Eindrücke sind für jeden Vogelfreund und jede Vogelfreundin eine wunderbare Erfahrung.

► Informationen zum Verein Gelenauer Ornithologen e.V. unter http://www.gelenau-ornis.de/

Dr. Spangenberg stellte uns im Nachgang die Fangergebnisse freundlicherweise zur Verfügung – Vielen Dank:

Ergebnis 6. IMS-Nachfang 29.09.2024 "Gelenau 1: Hütte", 147 Netzmeter, 61 Vögel in 14 Arten zu 42 Beringungen/19 Wiederfänge (6°C, wechselhaft, 15 km/h W)
Sperlingskauz 1/0 (Männchen/Weibchen)

Turmfalke 1/0

Amsel 2/1
Rotkehlchen 4/0
Mönchsgrasmücke 8/3
Kohlmeise 0/2
Blaumeise 4/0
Tannenmeise 2/0
Zilpzalp 7/0
Zaunkönig 1/0
Wintergoldhähnchen 5/(3)
Sommergoldhähnchen 2/0
Gartenbaumläufer 2/1
Gimpel 3/9

Freitag, 18. Oktober 2024 "Waldumbau als Klimaanpassung und die besondere Rolle der Weißtanne"

Waldumbau als Klimaanpassung und die besondere Rolle der Weißtanne

Am 18.Oktober 2024 starteten bei schönstem Herbstwetter Interessierte im Forstrevier Hundshübel (Forstbezirk Eibenstock) mit dem Forstbezirksleiter Johannes Riedel und Revierleiter Thomas Poschen eine 3,5stündige Exkursion, um die „Geheimnisse“ des erfolgreichen Waldumbaus kennenzulernen. Die Teilnehmenden sahen auf der Exkursionsroute gut strukturierte Waldbilder mit vielen Baumarten. Neben den älteren Fichten und deren Naturverjüngung gab es eine bunte Mischung aus Buche, Weißtanne, Berg- und Spitzahorn, Eberesche, Linden, Birken, Douglasien, Eichen, Hasel, Eschen, Ulmen u.v.m. Die Teilnehmenden waren sichtlich überrascht, als sie erfuhren, dass das Revier im Jahr 1990 noch ein vollkommen anderes Erscheinungsbild aufwies. Es dominierten dichte, gleichaltrige Fichtenreinbestände ohne Unterwuchs, ohne Struktur und zum Großteil durch Rotwildschäle beschädigt und krank.

In den Jahren von 1991 bis 2023 wurden im Forstbezirk Eibenstock jedoch bewusst, aktiv und engagiert die Wälder verjüngt. So sind heute – oft in Mischung mit den in Resten noch vorhandener Fichten – auf 2.100 ha Rotbuchen, auf 2.300 ha Weißtannen, auf 305 ha Bergahorn, auf 170 ha Lärchen und weitere seltene Baumarten zu finden. 80% des Reviers Hundshübel sind bereits verjüngt, was bedeutet, dass – meist unter dem lockeren Dach älterer Gehölze – schon junge Bäume wachsen. Selbst wenn ein Sturm Altbäume entwurzelt, entsteht keine Kahlfläche, da bereits junger Wald vorhanden ist.

Es ist inzwischen allgemein bekannt, dass gut strukturierte Mischwälder weniger anfällig für Kalamitäten und damit stabiler sind. An den Stellen, an denen der Wald stabil und gesund ist, bietet er vielfältige Benefits: produziert Sauerstoff, ist Lebensraum für zahlreiche Tierarten und Erholungsort für uns Menschen. Er verhindert Erosion, dient als Holzlieferant und Temperaturregulierer, leistet einen erheblichen Beitrag zum Wasserschutz und der Grundwasserneubildung. Die Wichtigkeit eines gesunden Waldes zeigt sich unter anderem darin, dass rund 20% des sächsischen Trinkwassers aus dem Forstbezirk Eibenstock gewonnen werden.

Das große Engagement der Vorgänger von Riedel und Poschel sorgt dafür, dass dieser Wald besser für die absehbaren Klimaveränderungen gewappnet sein wird. So können bspw. die nun zahlreichen Weißtannen, die jetzt im Revier anzutreffen sind, durch ihre tiefen Pfahlwurzeln den Beständen mehr Stabilität verleihen als die früheren Fichtenreinbestände mit ihren oberflächennahen Wurzeln.

Auffällig war, dass es weder entlang der gesamten Route noch anderswo im Revier Forstzäune gab. Dennoch trat nur wenig Wildverbiss auf, alle Baumarten – auch die für Schalenwild wohlschmeckende Weißtanne – war nicht verbissen. Der Verzicht auf den Bau von Zäunen spart den Steuerzahlern erhebliche Kosten. Eine notwendige Voraussetzung dafür ist jedoch eine Jagd, die die Wildbestände von Reh und Rotwild so reguliert, das ein unbeschädigtes Wachstum der Jungbäume ermöglicht wird. Die Sorge um die Rehe und das Rotwild ist jedoch unbegründet, da die Population so stabil ist, dass jährlich eine gleichbleibende Anzahl an Tieren geschossen werden kann. Bei den Rehen lässt sich sogar feststellen, dass diese in dem artenreichen Wald (also mit gutem, abwechslungsreichem Futterangebot) stärker vorkommend sind als noch vor 20 Jahren.

Die beeindruckenden Waldbilder machten das Revier zu einem attraktiven Ziel für einen gemütlichen Waldspaziergang. Neben den Exkursionsteilnehmenden erfreute sich das Forstrevier auch bei anderen Besuchern großer Beliebtheit – zahlreiche Spaziergänger und Radfahrer waren unterwegs.

Freitag, 25.10.2024 Exkursion „Der Wald der Zukunft und die besondere Rolle der Weißtanne“

Dreißig am „Wald der Zukunft“ Interessierte trafen sich am 25.Oktober 2024 bei strahlender Nachmittagssonne am Rand des Abtwaldes Gelenau. Das Waldstück ist Teil des Landeswaldreviers Gelenau im Forstbezirk Neudorf. Das Naturschutzzentrum Erzgebirge und der Staatsbetrieb Sachsenforst hatten eingeladen, Waldbilder zum Thema „Der Wald der Zukunft und die besondere Rolle der Weißtanne“ zu sehen und dessen Bewirtschaftung zu diskutieren. Revierleiter und künftiger Leiter des Staatsbetriebs Sachsenforst im Forstbezirk Neudorf, Dr. Hamm, der das Revier seit 2018 leitet, führte die Exkursion.

Wie in vielen sächsischen Wäldern, war auch Gelenau, historisch bedingt, zur politischen Wendezeit ein fast reines Fichtenforstrevier. Es waren nur vereinzelt, Mischbaumarten zu finden. Das Wissen, dass Mischwälder gegen vielerlei Ungemach wie Stürme, Trockenheit, Starkregen oder Insektenkalamitäten weniger anfällig sind, war auch den Revierförstern in den 1990er Jahren schon bekannt. Und so begannen die früheren Revierleiter, in den reinen Fichtenforsten weitere Baumarten wie bspw. die heimische Rotbuche (Fagus sylvatica) beizumischen. Wichtiges Steuerungselement, um aus reinen Fichtenforsten einen artenreichen, vielschichtigen Wald zu entwickeln, ist das Licht des Oberstands. Dieser Oberstand ist dabei unbedingt zu erhalten, denn er erfüllt wichtige Funktionen: er spendet für den Unterstand Schatten, bietet Windruhe und beeinflusst Wachstumsgeschwindigkeit sowie Wuchsform des Unterstands. Dies alles sind Faktoren, die junge Mischbaumarten – vor allem Rotbuchen und Weißtannen (Abies alba) - für ihr gutes Gedeihen benötigen. Wie die Baumentnahme im Oberstand genau funktioniert, um den Mischwald wie gewünscht zu entwickeln, erläuterte Dr. Hamm vor Ort sehr eindrucksvoll.

In der Höhenlage des Forstreviers Gelenau (420 bis 560 üNN) kann die potentiell natürliche Vegetation des Bergmischwaldes aus Buche, Tanne und Fichte aktuell als gesetzt gelten. Auch die heimischen Ahornarten, Esche, Eberesche, und Weichlaubhölzer wie Birke, Weide und Pappeln gehören durchaus – wenn auch in geringeren Flächenanteilen - in diese Waldgesellschaft. Mit höheren Temperaturen werden aber auch die heimischen Arten wie Stiel- und Traubeneiche sowie Linden als wärmeliebendere Arten, eine zunehmende Rolle spielen.

Eine besondere Rolle könnte aber trotzdem die Weißtanne spielen. Die Bestände der Weißtanne waren zur politischen Wende fast ausgerottet. Übernutzung über Jahrhunderte, die bevorzugte Verjüngung der Fichte, die Vorherrschaft der Kahlschlagswirtschaft (welche die Verjüngung von Weißtanne so gut wie ausschließt, da diese ein gutes Waldinnenklima für ihr Gedeihen benötigt) und schlussendlich der sog. Saure Regen in den Jahren bis 1989, führte zum fast vollständigen Aussterben der Weißtannen in Sachsen.

Dabei spielt die Weißtanne für die sächsischen Mittelgebirgswälder eine wichtige Rolle. Ihre tief ins Erdreich wachsenden Wurzeln bieten Wäldern Stabilität bei Stürmen und können auch in Trockenzeiten – besser als die Flachwurzeln der Fichten – noch Feuchtigkeit im Erdreich finden. Es gibt aber Probleme bei der Wiedereinbringung von Weißtannen. Es gibt wenig heimisches Saatgut, welches, auf Grund der geringen Zahl an Mutterbäumen, genetisch wenig vielfältig ist. Und: junge Weißtannen schmecken dem Schalenwild, wie Rehwild, ganz hervorragend. Das heißt: wenn es wenige Weißtannen gibt und relativ gesehen viel Schalenwild, werden insbesondere die Terminaltriebe verbissen und die Jungbäume werden mit jedem Terminaltriebverbiss um ein Jahr Wachstum zurückgeworfen oder können gar nicht mehr wachsen. Selbst wenn sie noch wachsen leidet die Qualität der Jungbäume. Dies wiederum bringt finanzielle Einbußen für Waldeigentümer mit sich.

In Gelenau hat man Lösungen gefunden. Zunächst wurden Jungbaumquartiere gezäunt. Nachteil: das Zäunen ist sehr teuer, derzeit ca.20 €/lfd m. Deshalb hat Dr. Hamm seit 2018 an zwei Stellschrauben gedreht. Einerseits gibt es inzwischen viele Jungbäume durch Abbau der Zäune, durch Saat, Pflanzung und Naturverjüngung. Dies bedeutet reichlich gutes Futter für Schalenwild. Und gleichzeitig wurden die Schalenwildbestände auf ein Niveau reduziert, welches ein gutes Gedeihen der jungen Baumgenerationen garantiert. Dies ist gelungen durch jagdliche Beruhigung. Es mag paradox klingen. Aber weniger Einzeljagden, dafür mehr und konzentrierte Gemeinschaftsansitze in Kombination mit Drückjagden und der Januarjagd haben große Erfolge für den Mischwald der Zukunft und das Rehwild gebracht, welches nun gute Teilhabitate im Gelenauer Revier vorfindet.

Inzwischen sind mehr als ¾ des Forstrevieres mit mindestens einer 2. Baumschicht verjüngt, so dass bei einem Ausfall des Oberstandes durch Sturmschäden oder Käferbefall der Wald Wald bleiben würde.

In Gelenau kann man optimistisch sein, dass der dortige Wald für die Zukunft gerüstet ist. Davon konnten sich die Exkursionsteilnehmenden vor Ort überzeugen.


Die Biodiversitätskrise ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Der Erhalt natürlicher Lebensgrundlagen ist ein entscheidendes Kriterium für die Lebensqualität nachfolgender Generationen.

Deshalb setzt das Naturschutzzentrum Erzgebirge 2024 in seiner Öffentlichkeitsarbeit den Schwerpunkt auf die informative Wissensvermittlung im Bereich Arten- und Biotopschutz. Denn getreu dem Motto „Nur was man kennt, kann man schützen“ wollen wir mehr Akzeptanz für den Schutz der biologischen Vielfalt in der Bevölkerung, unter den Landnutzern und anderen Interessenvertretungen erreichen.

Im Zeitraum Januar bis Dezember 2024 finden monatlich je 2 Informationsveranstaltungen zum Themenschwerpunkt Arten- und Lebensraumschutz in Form von Vorträgen oder Exkursionen statt. Wir möchten Interessierten einige im Erzgebirgskreis beheimatete, gefährdete Tier- und Pflanzenarten sowie deren Lebensräume und Habitate vorstellen. Unser Anliegen ist, auf deren drängenden Erhalt und auch auf die teilweise bereits notwendige Wiederherstellung dieser Natur-Schutzgüter aufmerksam zu machen.

Alle Veranstaltungen sind kostenfrei. Anmeldung ist erforderlich.

Hinweise zur Anmeldung

Bitte melden Sie sich verbindlich an. Hinterlassen Sie Name, Anzahl der Personen und eine Mailadresse oder Telefonnummer, unter der wir Sie im Falle des Ausfalls/ Verschiebens der Veranstaltung kurzfristig erreichen können. Vielen Dank!

Vorzugsweise Anmeldung per Mail unter zentrale@nsz-erz.de

Anmeldung per Telefon unter 03733 5629-12 (7-12 Uhr, ohne Donnerstag) oder 03733 5629-0 (Anrufbeantworter)


Fotos Slideshow: ©Ines Schürer

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