Lessings philosophische Betrachtung der Natur ist heute ökologisches Grundwissen. In Kenntnis verschiedener Wirkmechanismen und Zusammenhänge in der Natur lassen sich bestimmte Lebensräume und Arten gezielt fördern. Mit Biotopgestaltungen werden naturnahe Lebensräume neu geschaffen oder ehemals vorhandene wiederhergestellt. Im letzteren Fall spricht man auch von Renaturierung.
Bei der Planung von biotopgestaltenden Maßnahmen spielen z.B. Flächenverfügbarkeit, Ortskenntnis und Erfahrungswerte eine große Rolle. Welche Strukturen gab es hier früher? Was bietet sich aus den örtlichen Gegebenheiten heraus besonders an? So wird man in einer Bachaue mit fehlenden Stillgewässern geneigt sein, ein Amphibien-Laichgewässer zu etablieren (Neuanlage) oder einem begradigten, verrohrten Bach seinen einstigen, naturnahen Verlauf wiederzugeben (Renaturierung).
Oftmals bestimmen auch sog. Zielarten die Richtung der gestaltenden Maßnahmen. Ehemals in einem Gebiet vorkommende Arten, z.B. bestimmte Tagfalter- und Libellen-Arten, sollen durch die Maßnahmen wieder ins Gebiet gelockt werden. Sie sollen kommen um zu bleiben. Oder bei Moor-Renaturierungen wird eine Vernässung von entwässerten Moorstandorten angestrebt, damit Vertreter der typischen Moor-Vegetation – wie Wollgras, Sonnentau und Fettkraut – überleben oder wieder Fuß fassen können. Auch die Moor-Heidelbeere (Vaccinium uliginosum), Futterpflanze des Hochmoor-Gelblings (Colias palaeno), profitiert von solchen Moorrenaturierungen.
Bei Biotopgestaltungen spielen auch Aspekte des Biotopverbundes eine Rolle. Neu angelegte Feldgehölze oder Hecken können Trittsteine oder Ausbreitungskorridore für Arten in einer ansonsten strukturarmen Landwirtschaftsfläche sein.
Biotopgestaltungen zählen neben der Biotoppflege zu den Arbeitsschwerpunkten der Mitarbeiter im Bereich Landschaftspflege des Naturschutzzentrums. Biotopgestaltende Maßnahmen werden vorzugsweise in der Zeit umgesetzt, in der die Wiesenpflege ruht. Wir haben einige Erfolge vorzuweisen: es wurden Teiche und Bäche renaturiert, Hecken neu angelegt, Fichtenforste in Wiesen rückgewandelt u.v.m. Manchmal entwickeln sich gestaltete Biotope auch in eine andere als die geplante Richtung. Solche Erfahrungen mussten wir auch machen. Aber getreu der Lessing'schen Formel sind wir gewiss, dass keine Biotopgestaltung „umsonst“ ist. Das menschliche Wertesystem spielt in der Natur keine Rolle. Mit jeder Biotopgestaltung ist eine Erhöhung der Strukturvielfalt verbunden. Mehr Struktur heißt mehr Lebens-räume, bedeutet mehr Arten und letztendlich mehr Vielfalt. Die Schaffung von naturnahen Lebensräumen, ganz gleich ob Neuanlage oder Renaturierung und unabhängig davon, ob die Zielarten sich ansiedeln oder andere Arten davon profitieren, ist ein Beitrag zur Erhöhung der biologischen Vielfalt.
Eine Auswahl der vom Naturschutzzentrum Erzgebirge umgesetzten Maßnahmen möchten wir Ihnen vorstellen.